Langzeitbetrachtung
Ein neuer Rasenmäher soll erwartungsgemäß Rasen mähen. Dass er das tut, betrachte ich als normal und bedarf eigentlich keiner weiteren Abhandlung meinerseits. Allerdings sollte man auch ein Auge darauf werfen, wie haltbar nun so ein Gerät mit all seinen Features ist und da sieht es, entgegen aller Testberichte, die ihn als 'gut' bezeichnen, eher düster aus.
Das Gerät ist von 2016 und muss in der Gartensaison regelmäßig verschiedene Flächen von 800 - 1500 m² bearbeiten, die nicht mit einem Golfrasen zu vergleichen sind. Es ist bei gutem Wetter zum Wochenende mehrere Stunden im Einsatz. Einzig den Motor, den großzügig bemessenen Tank und die immer noch funktionierende Schnitthöhenverstellung würde ich als 'robust' bezeichnen, da dort bis jetzt keine Ausfälle auftraten. Viele andere Bauteile mussten zwischenzeitlich ersetzt oder repariert werden. Aufgrund des häufigen Einsatzes kann man unserem Mäher -verschleißtechnisch gesehen- vielleicht ein Alter von 4 anstatt der reellen 2 Jahre zugestehen.
Damit man den Rasenmäher im hohen Gras wiederfindet, ist er knallrot lackiert, wobei er die Bezeichnung 'Lackierung' nicht verdient. Der Lack scheint ohne jede Vorbehandlung des Stahls am Chassis oder Schiebegestänge aufgebracht worden zu sein und blätterte nach kurzer Zeit an vielen Stellen ab oder warf Blasen, die später den blanken und vielleicht auch minderwertigen Stahl zum Vorschein brachten. Wer nicht will, dass sich das Gerät in absehbarer Zeit in Rost auflöst, sollte
also regelmäßig die entblößten Stellen nachbehandeln. Zu hohes Gras bereitet ihm durchaus Probleme und bei feuchtem Gras wird das Schnittgut nicht mehr akzeptabel ausgeworfen, wobei der Motor gelegentlich abstirbt. Dies liegt in der Natur der Sache begründet, da dieses Gerät für den Hobby- und Sonnenscheinrasenpfleger konzipiert ist. An dieser Stelle sollte man mal definieren, was 'hohes Gras' bedeutet, um einen Vergleich mit anderen Geräten zu ermöglichen. Ich sage jetzt mal, alles Gras, dessen Halme länger sind als der Auswurfsschacht des Rasenmähers hoch oder breit ist, ist hoch. Hier leistet unser ziemlich alter
und wesentlich leistungsärmerer Elektromäher eines nordischen Markenherstellers (nein, ich bin kein Mitarbeiter) bereits deutlich bessere Ergebnisse. Im knietiefen Gras wird das Schnittgut noch explosionsartig aus dem Auswurfsschacht geblasen, wovon das Einhellgerät nur träumen kann. Dies liegt sicherlich an der konstruktiven Ergonomie und dem Zusammenspiel von Chassis, Auswurfsschacht und der speziellen Gestaltung des Schneidmessers. Doch wer mal versucht hat, große
Grundstücke regelmäßig mit dem Elektrokabelmäher zu bearbeiten, weiß, warum wir uns für einen Benziner entschieden haben. Der montierbare Seitenauswurf des Einhellgerätes bringt hier kaum eine Verbesserung. Dieser ist so instabil, dass ein versehentlich übermähter und etwa daumendicker Ast ihn gleich in viele Plastikstückchen zerlegt hat. Ok, das Gerät ist kein Traktor mit Balkenmäher und ersetzt auch keine Kettensäge.
Solange man 'normales' Gras auf ebener Fläche und bei trockenem Wetter in Geradeaus-Richtung mäht, macht er die Sache gut. Sobald das Gelände unwegsamer wird oder er kleine Radien fahren muss, um an Büschen oder Bäumen vorbeizukommen, kommt er schnell an seine Grenzen. Hier wirkt er sehr sperrig und man wünscht sich unweigerlich eine lenkbare Vorderachse. Das rechte Vorderrad sieht das genauso, denn dieses zeigt immer wieder in abweichende Richtungen, da sich das zu schwache Metallstück, an dem es befestigt ist, beim Kurvenfahren verbiegt. Ohne zuschaltbaren Radantrieb wäre dieses Biest an Böschungen oder auf leicht hügeligem Terrain nicht einsetzbar, da es verhältnismäßig schwer und bewegungsfaul ist. Allerdings hat der durchaus nützliche Radantrieb den Nachteil, dass das Hinterachsgetriebe auch ohne Aktivierung der Antriebsfunktion beim Vorwärts- oder Rückwärtsschieben mitläuft, was einen leicht erhöhten Kraftaufwand
beim Bewegen des Mähers zur Folge hat. Die Kraft, die man beim Geradeausfahren dank Radantrieb spart, investiert man nun u.U. in das sonstige Hantieren mit dem Mäher.
Wer technisches Geschick hat, kann den gelegentlich abgesprungenen
Keilriemen des Antriebes durch eine kleine Revisionsöffnung wieder dort hinbefördern, wo er hingehört. Gerissene Seilzüge des Starters lassen sich vom Hobbybastler ebenfalls schnell reparieren, solange die Rückholfeder der Startereinheit noch intakt ist. Doch gerade hier zeigt sich wieder, dass bei der Qualität gespart wurde. Diese Federstahlwicklung ist extrem korrosionsanfällig, bricht unverhofft irgendwo auseinander und verursacht nun beim nächsten Startvorgang u.U. schwerwiegendere Schäden an der Kunststoff-Seilzugstartereinheit, die i.d.R. komplett erneuert werden muss. Zwei dieser Seilzugstarter pro Mähsaison können getrost einkalkuliert werden, falls Feuchtigkeit durch Regenwasser oder beim Reinigen des Mähers in das Federgehäuse gelangt ist und längere Zeit dort einwirken konnte. Ein trockenes Aufbewahrungsplätzchen
sollte man dieser Maschine also gönnen, um keine Wutanfälle zu provozieren. Beim Anrempeln eines Strauches brach gleich das Luftfiltergehäuse am Vergaser ab, der schnell dazu neigt, zu verstopfen, falls irgendwelche Verunreinigungen beim Benzineinfüllen in den Tank gelangen. Hier sparte man sich unverständlicherweise das Sieb an der Einfüllöffnung, welches selbst billigere Modelle oftmals besitzen. Erst ein nachträglicher Einbau eines Filters in die Kraftstoffleitung brachte hier
Abhilfe. Das Feature 'Rasenkamm' wird zum ernsthaften Hindernis, wenn auf niedrigster Schnitthöheneinstellung der Mäher bewegt werden soll und nun die Grasnarbe aufreißt. Das Gestänge der Schnitthöhenverstellung neigt leider dazu, bei Lastwechseln etwas nachzugeben und hält die Räder dann nicht immer auf der vereinbarten Höhe. Unerwünschte Fremdkörper auf dem Rasen oder darin sollte man dann lieber mit einem Rechen entfernen. Die Zusammenklappmöglichkeit des Mähers zum einfacheren Transport funktioniert gut, solange man die Befestigungsschrauben nicht zu weit aufdreht, denn es gibt keine konstruktive Begrenzung, die das Auseinanderfallen von Handrad, Mutter und Unterlegscheibe verhindert. Eine fehlende Befestigungsmutter kann das erhoffte Rasenmähvergnügen dann erheblich trüben, falls kein Ersatz zur Verfügung steht. Zum Einladen des Gerätes in ein Kombi-Automobil sollte man eine zweite Person um Hilfe bitten, um die Bandscheiben zu schonen. Das Easypull-Startsystem des Mähers konnte anfänglich noch wirklich easy gepullt werden, mittlerweile bekommt meine Ehefrau das Gerät nicht mehr zum Laufen und wenn es zwischenzeitlich mal aus geht, muss ich Hilfe leisten, was ich zwar gerne tue, was aber auch etwas nervt. Dieses zähe Startverhalten liegt jedoch nicht an den Komponenten wie Zündkerze, Vergaser oder dem Seilzugstarter, sondern daran, dass die Kurbelwelle sich schwerer drehen lässt, da Staub und Dreck vermutlich für kleinere Riefen und erhöhte Widerstände im Bereich der Kurbelwellenabdichtungen gesorgt haben und womöglich auch innerhalb des Motors nun allmählich erhöhte Widerstände an Lagern und Gleitflächen auftreten. Wenn man es schafft, das etwas erhöhte und erforderliche Drehmoment beim Starten des Motors aufzubringen, springt er jedoch sofort klaglos an und Öl- sowie Spritverbrauch halten sich in Grenzen. Das Schneidmesser verkraftet gelegentliche Berührungen mit Fremdkörpern, ohne gleich zum Stahlknäuel zu werden, allerdings haben sich die zwei erhabenen Punkte auf der Aufnahmeplatte, die das exakte Positionieren des Schneidmessers ermöglichen, schon längst verabschiedet. Genauso wie das Reinigungstool, welches an einem der beiden Schiebeholme aufgeklemmt war und bereits nach kurzer Zeit den Platz in der Grasfangbox bevorzugte, wo es sich teilweise ausbreitete. Wer die Mulchfunktion benötigt, darf sich freuen, denn dieses macht der Probant ganz gut, solange das Gras trocken und noch nicht so hoch gewachsen ist.
Fazit:
Insgesamt stören an diesem Gerät das hohe Gewicht und die relative Unbeweglichkeit, was die Fahreigenschaften betrifft. Wenn dann auch noch der 80-Liter Fangkorb mit feuchtem Gras gut gefüllt ist, hinterlässt man manchmal schon deutliche Reifenspuren im Boden. Eine andere, vielleicht breitere, Bereifung würde bei dem Mähermonster ggf. Sinn machen. Bei einer Schnittbreite von 56 cm ist es klar, dass auch mehr Material verbaut werden muss, doch manche Mitbewerber haben das Verhältnis von Gewicht, Leistung und Beweglichkeit besser hinbekommen, bei ähnlicher Preislage. Die verbauten Kunststoffteile sind natürlich immer ein Garant für gelegentlichen Verdruß, doch diese findet man mittlerweile leider auch an höherwertigen Produkten. Die 'Lackierung' hingegen ist eine Frechheit. Ob dies lediglich ein produktionsbedingter Ausrutscher war oder finanzielles Kalkül ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Für die Seitenauswurfklappe hätte ich mir ein stabileres Material gewünscht, da in unmittelbarer Nähe des Schneidmessers mögliche Fremdkörper eine solche Beschleunigung erfahren können, die man wahrscheinlich nur mit Qualitätsstahl aufhalten kann. Im Gegensatz zu vielen anderen Rasenmähgeräten, die ich in Händen hatte, läuft der Motor bisher jedoch erstaunlich zuverlässig, sogar die Ballpumpe des Kraftstoffeinspritzsystems hält bisher durch.
Das Prädikat 'Gut' würde ich dem Gerät jedoch nicht verpassen, da es zuviele Macken hat und gemessen an deren Summe einfach zu teuer ist. Die unverbindlichen Preisvorstellungen des Herstellers sind pure Fantasie. Mittlerweile ist dieses Gerät für deutlich weniger Geld zu haben, was eher den realistischen Wert im Markt wiederspiegelt. Nochmal würde ich mir das Gerät nicht anschaffen, zum UVP sowieso nicht.
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