Nach wochenlangen Spekulationen ist es nun raus: Das neue Einstiegsmodell in die eReader-Familie der 4. Generation von Amazon, der Kindle eReader, wird gegenüber seinem Vorgänger deutlich abgespeckt sein und zu einem Dumping-Preis unter 100 Euro angeboten. Die Verkaufsstrategie des Internethändler ist damit eindeutig: Mit dem Gerät soll endlich ein attraktives Angebot vorliegen, um die für das lukrative Geschäft mit eBooks notwendige Hardware in großer Anzahl an die Kundschaft zu bringen.
Der große Durchbruch nämlich ist E-Book-Readern, im Gegensatz zu den Tablet-PCs, bis jetzt verwehrt geblieben. Zwar sind die Verkaufszahlen nicht schlecht, und auch das Angebot ist recht groß. Doch gerade in der Preisklasse unter 100 Euro, regelrecht eine magische Grenze, waren bislang hauptsächlich eReader mit einem LC-Display zu haben – mit all den Nachteilen hinsichtlich Lesbarkeit unter freiem Himmel und (dürftiger) Akkulaufzeit, die LCDs von der E-Ink-Technologie unterscheidet.
Mit dem neuen Einstiegsmodell des Branchenprimus könnte sich die Situation nun zugunsten der „echten“ E-Book.-Reader spürbar verbessern. Der Reader wird für 99 Euro angeboten, also so günstig, dass bereits gemunkelt wird, dass Amazon mit jedem Gerät ein kleines Minus macht, das jedoch durch den anschließenden Verkauf des digitalen Lesestoffs wieder ausgeglichen wird – eine Verkaufsstrategie, die im Druckermarkt schon lange erfolgreich angewendet wird. Denn auch dort schwemmt den Hersteller die Tinte das Geld in die Kassen und weniger die Drucker.
In Sachen Ausstattung wiederum hat Amazon die Tastatur des Vorgängermodells weggelassen, der Neue wird über ein Vier-Wege-Kreuz sowie Tasten gesteuert. Diese Änderung dürfte für die Navigation im Menü sowie beim Umblättern keine nachteiligen Folgen mit sich bringen. Ob es allerdings noch genauso einfach sein wird, Anmerkungen zu machen, im E-Book-Store zu stöbern oder Textpassagen zu markieren, wird sich erst noch zeigen. Der Vorteil des Verzicht auf die Tastatur liegt hingegen förmlich auf der Hand: Der neue Reader ist deutlich kleiner und leichter als sein Vorgänger, nämlich nur noch 166 x 114 x 8,7 Millimeter groß und 170 Gramm leicht – statt vormals 190 x 123 x 8,5 Millimeter und 241 Gramm. Außerdem, so ein Kritikpunkt vieler Besitzer des Kindle 3, kann als Menüsprache nun Deutsch ausgewählt werden.
Dass hingegen der Kindle 4 etwas weniger Speicherplatz haben wird, dürfte die wenigsten wirklich stören – 2 GB Lesestoff lassen sich in keinem Urlaub herunterlesen –, was sicherlich auch für die fehlende MP3-Funktion und die etwas kürzere Akkulaufzeit gilt. Denn die 4. Generation bietet immer noch eine attraktive Ausstattung, nun aber zu einem Dumping-Preis, der Neukunden geradezu magisch anziehen wird – wie zu hoffen ist, denn den praktischen digitalen Lesegeräten sollte ihre schon lange fälliger Erfolg nicht mehr länger vorenthalten werden. Dass langjährige E-Reader-Profis über das eher dürftige „Innovationspotenzial“ des neuen Readers schimpfen, wird Amazon hingegen verschmerzen können – sofern sich jedenfalls das Gerät, wie erhofft, spätestens im Weihnachtsgeschäft wie geschnittenes Brot verkauft. Die Auslieferung erfolgt übrigens ab 12. Oktober, über Amazon kann aber jetzt schon vorbestellt werden. Der Vorgänger wiederum, der sich nun Kindle Keyboard nennt, ist in der WLAN-Version für 119 Euro (Amazon) zu haben.
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- Erschienen: 05.07.2012 | Ausgabe: 9/2012
- Details zum Test
„gut“ (1,9)
Preis/Leistung: „sehr gut“
„Der Kindle kostet 99 Euro und bietet damit ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Genau wie der große Bruder Kindle Touch hat er einen ausgezeichneten Bildschirm und ist vorbildlich verarbeitet. ... Vorteil gegenüber dem Testsieger: Der Kindle ist rund 50 Gramm leichter. Alles in allem ist der Kindle ein Top-Gerät. Wenn Sie allerdings noch 30 Euro übrig haben, sollten sie die gleich in den Kindle Touch investieren.“