Nicht alles Gold was glänzt
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Vorteile:
leichtes Gewicht, gute Abschirmung, nebengeräuscharmes Recording, gut für Gesangs- & Sprachaufnahmen
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Nachteile:
unausgewogenes Stereofeld, übertönte Spitzen ab 12 kHz, Kopfhörerschalen für etwas größere Ohren unangenehm
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Geeignet für:
zu Hause, unterwegs, am Computer, Filme und Spiele
Gleich vorweg: Der 272-HD ist ein sehr guter Kopfhörer für den Hörgenuß unter Ansprüchen des Otto-Normal Verbrauchers. Für den professionellen Betrieb im Musikstudio weist er allerdings einige mehr oder weniger starke Schwächen auf.
Als Musiker hat man schon etwas andere Ansprüche an Abhörquellen und vorhandenes Referenzequipment, um objektive Vergleiche zu ziehen.
Sound:
Etwas unangenehm fällt die Höhenbetonung ab 12 kHz ins Gewicht, das sie zu sehr spitzen Zischlauten neigt und somit beim Abmischen keine unbedingt wirklich verlässliche Abhörquelle ist, da der 272 etwas herauskitzelt, was eigentlich nicht so wirklich da ist. (Im Gegensatz kann das aber allerdings auch eine gute Methode sein um herauszuhören, wie weit man die Spitzen hochfahren kann).
In Bassbereich empfinde ich den Kopfhörer sehr ausgewogen, auch wenn andere ihn etwas "flach" bezeichnen mögen. Meinem Urteil nach gibt er aber im Bass genau das wieder, was tatsächlich auch nur da ist und fettet nicht noch zusätzlich an, was wiederum zu einem verfälschten Ergebnis führen würde.
Viele Leute neigen leider dazu, Bässe zu übertönen und mögen matschige Sub-Bässe. Der 272 allerdings ist im Bass sehr wahrheitsgetreu und eine gute Referenz für professionelle Produktionen.
Ein größeres Manko und wirklich echter Minuspunkt ist das Stereobild des Kopfhörers. Er gibt ein sehr mittiges Bild des Stereopanorama wieder, selbst wenn das Panorama mit einem Enhancer sehr weit in die Breite gezogen wurde. Für die Instrumentierung, bzw. Ortung bei Verteilung von Instrumenten im Stereofeld im Mix, ist der AKG leider nicht gerade präzise. Für Musiker die klassische (Film)Musik produzieren, ist diese Eigenschaft des 272 schon eher fast fatal.
Alles in allem ist der Kopfhörer im professionellen Betrieb durchaus dazu geeignet, Fehler im Mix aufzuspüren. Als unbesorgt vertrauenswürdige Referenz würde ich ihn allerdings nicht gerade empfehlen.
Tragekomfort:
Wie auch jede neu gekaufte Hose, muß sich der Kopfhörer natürlich erst einmal eintragen. Anfänglich wirkt er etwas unangenehm drückend und eng, was sich mit der Zeit wieder gibt, bzw. gewöhnt man sich daran. Bei etwas größeren Ohren drückt er allerdings nach längerer Zeit merkbar unangenehm gegen das Ohr, bzw. quetscht es ein ganz klein wenig in die Schale, weswegen die Schalen auch ruhig ein klein wenig größer hätten ausfallen können.
Als geschlossener Kopfhörer neigt er dazu (wie allerdings für die Bauweise obligatorisch), hin und wieder unangenehme Schalldruckverhältnisse und eine Art pressenden Luftdruck auf das Ohr auszuüben. Das ist nun kein stetiges Vorkommen, kann aber hin und wieder auftauchen und bei empfindlichen Ohren öfter so empfunden werden.
Sein geringes Gewicht, nach eingetragener Gewöhnung, lässt ihn bei sehr langen Sessions nicht negativ auffallen, bzw. merkt man gar nicht, das man den Kopfhörer auf hat. Auch lässt er sich sehr gut der Kopfform anpassen und stößt nicht unangenehm auf die Schädeldecke. Sehr gut.
Abschirmung:
Der 272 schirmt als geschlossener Kopfhörer sehr gut von externen Geräuschquellen ab und auch bei der Aufnahme werden lautere Signale durch den Kopfhörer nach Außen hin (zum Mikrofon) sehr gut abgeschirmt. Hier erweist sich der AKG als idealer Recording-Kopfhörer für möglichst nebengeräuscharme Aufnahmen, wie z.B. Gesang&Sprache.
Verarbeitung:
Er schaut zwar etwas zu sehr nach Plastik aus, aber ist alles insofern gut verarbeitet. Einzig die Abdeckung des Clips für die Tragejustierung Links/Rechts ist mir nach kurzer Zeit schon abgefallen und kann dann leider nicht einfach wieder eingesteckt werden, bzw. mußte mit Sekundenkleber wieder angeklebt werden.
Dieser Vorfall beeinflusst weder den Tragekomfort noch die Justiermöglichkeit, aber es unterstreicht doch den Plastikcharakter des 272.
Fazit:
Für den Otto-Normal Verbraucher ist es ein durchweg guter Kopfhörer. Im semi-professionellen bis professionellen Bereich der Musikproduktion, ist der AKG sicherlich nicht DIE Erleuchtung und für den Preis auch nicht gänzlich alternativlos, aber insoweit doch ein befriedigendes Preis&Leistungsverhältnis. An die Frequenzeigenschaften wird man sich gewöhnen und dann auch als Abhöre genauso effektiv nutzen können, wie jeden anderen Kopfhörer auch, dessen Eigenschaften man mit der Zeit gut kennt. Das nicht ausgewogene Stereofeld des AKG ist ein jedoch schon eklatantes Manko, das ihn nicht als zuverlässige Referenz prädestiniert.
Schulnote (3+)
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