Liqui Moly bietet nach wie vor ein Motoröl mit MoS2-Zusatz an - und hängt damit alten Traditionen nach. Das Öl ist im Produktkatalog der Firma ein Anachronismus, der wenig Sinn ergibt, da die Zugabe derartiger Additive in modernen Ölen eher kontraproduktiv wirkt.
Molybdändisulfid, abgekürzt MoS2, ist ein grauschwarzer Festschmierstoff. Er gibt dem Öl seine typisch dunkle Färbung. MoS2 wurde schon bei der Schmierung von Flugzeugmotoren der Luftwaffe benutzt, als diese mit Propellermaschinen gegen die Alliierten flog. Ein vollständiger Ölverlust, etwa nach Feindbeschuss, konnte durch die Notlaufeigenschaften des Molybdänsulfids noch einige Zeit kompensiert werden, bevor das Aggregat komplett ausfiel. In der Nachkriegszeit fand das Wundermittel dann seinen Weg in das Motoröl des Ulmer Automobil-Zubehörhändlers. Und dort befindet es sich im teilsynthetischen 10W-40er heute noch. Das Öl wird stolz als Spezialentwicklung des Hauses Liqui Moly deklariert, fehlenden Freigaben zum Trotz. Immerhin erfüllt das Produkt die allgemeine Spezifikation des europäischen Automobilherstellerverbandes ACEA, die das Öl als geeignet für moderne Benzin- und Dieselmotoren ausweist. Heutige Motorenöle sind allerdings mit so genannten Dispergentien versehen. Sie haben die Aufgabe, Feststoffe im Öl zu umhüllen und in der Schwebe zu halten, weil Feststoffe im Motorenöl aus heutiger Sicht ein Störfaktor sind. Die Dispergentien haben also viel Arbeit damit, die winzigen MoS2-Partikel auszuschalten, so dass diese beiden Additive sich im Konflikt befinden. Liqui Moly bietet das Molybdändisulfid auch in Einzeldosen für jene Öle an, die nicht mit dem dunklen Zusatzstoff versehen sind, denn dieser biete „wesentliche Kraftstoff- und Öl-Einsparung, wissenschaftlich nachgewiesene Verschleißminderung, hohe Betriebssicherheit, Notlaufeigenschaften“. Mercedes-Benz hingegen teilt mit: „Die Anwendung von Sonderzusätzen zu Schmierstoffen erfolgt in der alleinigen Verantwortung des Fahrzeughalters! Im Schadensfall können gesetzliche Garantie- und
Gewährleistungsansprüche dadurch eingeschränkt werden!“ Dieser Sätze gelten zwar für nachträglich ergänzte Additive, aber auch der Ulmer Fertig-Mix findet beim Stuttgarter Autobauer keine Gnade. Kein einzelner Kfz-Hersteller hat dem MoS2-Öl bescheinigt, dass es in seinen Motoren eingesetzt werden darf, obwohl eine solche Herstellerfreigabe sonst bei 10W-40-Ölen der Normalfall ist.
Ein Öl mit Festschmierstoff-Anteil findet sich nicht einmal im Angebot von Méguin, dem Hersteller der Liqui Moly-Öle. Wer ein modernes Motorenöl mit abgestimmtem Additivpaket und nicht zuletzt Herstellerfreigaben sucht, wird beim MoS2-Leichtlauföl 10W-40 nicht fündig. Einige Anwender berichten jedoch von guten Erfahrungen mit dem Öl, und wer diese Erfahrungen teilen will: Der Fünf-Liter-Kanister ist für rund 30 EUR bei Amazon erhältlich.
02.07.2012