Seit Jahrzehnten gibt es auf die Frage, was bei kleinen Rostlöchern im Auspuff zu tun sei, eine meist unpassende Antwort: Mit Holts Gun Gum dichtschmieren. Die beige-graue Paste, die in jedem gut sortierten Autozubehörladen zu finden ist, wird immer wieder zur Ad-Hoc-Reparatur von unbotmäßig röhrenden Abgasanlagen eingesetzt. Dabei weckt das Produkt Hoffnungen, die es kaum erfüllen kann.
In der runden Blechdose befinden sich 200 Gramm einer knetbaren Masse. Diese wird nach etwas Anfeuchten großzügig auf die undichte Stelle gedrückt und muss dann aushärten, bevor der Motor gestartet werden kann. Läuft das Aggregat, folgt oft schnell die Ernüchterung: Das Gun Gum, inzwischen hart wie Beton, landet irgendwo auf der Straße, was sich sofort am nun wieder betont sportlichen Auspuffton vernehmen lässt. Die Ursachen des Scheiterns sind vielfältig, und nicht immer trägt das Produkt selbst die Schuld. Häufig ist das Metall rund um die Undichtigkeit schon so korrodiert, dass es der Reparaturpaste keinen stabilen Halt mehr bieten kann. Oder das Rostloch, das abgedeckt werden soll, ist so groß, dass es den Auspuffgasen reichlich Angriffsfläche bietet, während das Gun Gum rundum nur wenig Blech zur Haftung nutzen kann. Der Gasdruck pustet dann die Reparaturpaste einfach heraus. Verarbeitungsfehler kommen ebenfalls in Frage, wenn die Selbsthilfe nicht erfolgreich verläuft. Und sogar wenn der Lückenbüßer anfangs funktioniert, ist durch Hitze und Vibrationen oft schon nach kurzer Strecke die Instandsetzung wieder undicht. Kurzum, bei den meisten Auspuffschäden hilft Gun Gum ungefähr so gut wie ein Heftpflaster bei einem offenen Knochenbruch. Es müssen schon viele passende Begleitumstände zusammenkommen, damit die Paste nicht versagt: Die Undichtigkeit darf nur klein sein, das umgebende Metall tragfähig, die Zeit zum Aushärten ausreichend und die Verarbeitung sorgfältig. Dann reicht es vielleicht, um mit einem kaputten und geflickten Auspuff die Heimreise aus dem Urlaub ohne auffällige Geräuschentwicklung anzutreten. Aussichtsreicher und haltbarer ist es, in einer Werkstatt die defekte Stelle mit einem aufgeschweißten Blech zur Ruhe zu bringen.
Die asbestfreie Reparaturpaste, die 300 Grad aushält, ist nicht mehr als eine Notlösung. Das Werbeversprechen, kleine Löcher im Auspuff dauerhaft gasdicht zu verschließen, wird nur selten eingelöst. Ein Fehlversuch bedeutet aber nicht gleich den Ruin: 6,90 EUR bei Amazon.
26.06.2012