Hand brührt Tonarm von Plattenspieler (Bildquelle: cottonbro / pexels)

Plattenspieler einstellen: Unser Sechs-Punkte-Guide

Wer sich nicht auskennt, dem könnte bei Ankunft des neuen Familienmitglieds etwas mulmig werden. Ein „Aufstellen und Genießen“ gibt es nämlich nicht: Tonarm, -Abnehmer und Nadel müssen erst eingestellt werden, damit die Musik auch gut klingt, für gewöhnlich geschieht das in den heimischen vier Wänden. Wir führen Sie in sechs Schritten durch die Plattenspieler-Justierung und erklären, worauf Sie achten müssen.

Fachsprache und Werkzeuge: Von Azimut bis Justierschablone

Fluance RT84W mit verstellbaren Füßen auf schwarzem Untergrund Wie beim Fluance RT84w, lassen sich auch beim Fluance RT85 die Füße 3-stufig verstellen. (Bildquelle: fluance.com)

Damit es am Ende optimal klingt, sollten Sie bei der Justierung gründlich vorgehen - eine gute Vorbereitung ist Grundvoraus­setzung. Wichtig zu wissen: Viele Einstellungen hängen von einem exakten Einstellmaß ab, sodass sich bereits kleinste Unebenheiten negativ auf den späteren Klanggenuss auswirken. Der Plattenspieler sollte daher möglichst eben stehen. Günstig sind Geräte mit verstellbaren Füßen, die Sie mittels einer Wasserwaage plan einstellen.

Kontrollieren Sie zudem, ob Sie alle wichtigen Werkzeuge für die Justierung griffbereit haben. Welche das sind, haben wir Ihnen in diesem Abschnitt aufgelistet. Außerdem: Begriffe wie Azimut, Kröpfungs- oder Spurfehlwinkel klingen gerade für Einsteiger:innen wie eine unliebsame Fremdsprache. In unserer Tabelle finden Sie die wichtigsten Vokabeln samt Erklärung.

Glossar:

FachbegriffBedeutung
Anti-Skating
  • Einstellung gleicht das Driften vom Tonarm in Plattenmitte aus (Skating).
Auflagegewicht
  • Sorgt dafür, dass die Nadel optimal in der Schallplattenrille sitzt. Verzerrungen und Verschleiß wird vorgebeugt.
Azimut
  • Bezeichnet den Nadel-Winkel zur Schallplatte. Sollte bei 90° liegen.
Headshell
  • Beschreibt vorderes Verbindungsglied zwischen Tonarm und Tonabnehmer.
Kröpfungswinkel
  • Beschreibt Längsachsen-Abweichung beim Tonarm und Tonabnehmer.
Spurfehlwinkel (vertikaler)
  • Abweichung zwischen realem Eintauchwinkel der Nadel (vertikal) zum idealen Eintauchwinkel (Vertical Treacking Angle / VTA).
Tonabnehmer
  • Vorderster Teil des Tonarms, in dem die Nadel (Stylus) angebracht ist.
Tonarm
  • Führt Nadel über Plattenrillen und ist Verbindung zwischen Tonabnahme und elektronischer Umsetzung.
Überhang
  • Differenz zwischen kompletter Tonarmlänge und dem Einbauabstand (Abstand zwischen Tellermitte und Tonarmdrehpunkt).

Werkzeug-Liste:

  • Geodreieck
  • Justierungsschablone / Einstellschablone
  • Schraubendreher
  • Wasserwaage
  • Zange

In unserer Anleitung zeigen wir Ihnen die häufigsten Justierungen bei Plattenspielern. Je nach Modell können sich diese leicht unterscheiden. So bieten einige Geräte die Möglichkeit, die Headshell auszutauschen, bei anderen ist sie hingegen fest mit dem Tonarm verbaut. Hinzu kommen spezielle Einstellungen, etwa eine verbaute „Bremse“.

Plattenspieler einstellen in sechs Schritten

Schritt 1: Tonabnehmer installieren

In der Regel sind Tonabnehmer samt Nadel (auch Stylus genannt) bereits vorinstalliert. Ist dies bei Ihrem Gerät nicht der Fall oder müssen Sie den Tonabnehmer austauschen, können Sie den Wechsel mit ein paar Handgriffen vornehmen.

Benötigtes Werkzeug:

  • Schraubendreher
  • Zange

Tonabnehmer und Headshell vor grauem Hintegrund Der Tonabnehmer sitzt sicher im Headshell. (Bildquelle: meineresterampe / Pixabay)

So gehen Sie vor:

  • Abnehmer entfernen: Verbindungsschrauben am Headshell lösen, Kabel vorsichtig von den Kontakten abziehen.
  • Neuen Tonabnehmer über die Schrauben am Headshell befestigen. Wichtig: Ziehen Sie die Schrauben für weitere Feineinstellungen nicht zu fest an.
  • Verbinden Sie die Kabel mit den Kontakten (rot und grün = rechter Audiokanal, blau und weiß = linker Audiokanal).
  • Vermeiden Sie zu hohen Druck, die Kabel brechen leicht.

Einbau-Tipp:

Lösen Sie den Stylus vor der Montage vom Tonabnehmer. Auf diese Weise beugen Sie möglichen Beschädigungen beim Einbau vor. Positiv: Da Sie in einem Folgeschritt ohnehin den Nadel-Azimut einstellen müssen, gehen Sie hierdurch keinen zusätzlichen Umweg.

Schritt 2: Tonarmhöhe festlegen

Je nach Modell bieten Plattenspieler unterschiedliche Möglichkeiten, um die Tonarmhöhe einzustellen. Ob Sie diese über Schrauben oder per Drehscheibe festlegen, entnehmen Sie der Bedienungsanleitung.

Benötigtes Werkzeug:

  • ggf. Geodreieck

Tonarm und Schallplatte von der Seite betrachtet Der Tonarm schwebt parallel zum Plattenteller. (Bildquelle: Dee. / unsplash)

So gehen Sie vor:

  • Senken Sie die Nadel in die Plattenrille und betrachten Sie den Tonarm von der Seite.
  • Der Tonarm sollte genau waagerecht zur Schallplatte stehen.
  • Nehmen Sie Korrekturen per Augenmaß oder Geodreieck vor.

Höher oder Tiefer

Nehmen Sie sich beim Einstellen der Tonarmhöhe etwas mehr Zeit, denn sie kann den Klang maßgeblich verändern. Der Grund: Ist der Tonarm höher eingestellt, klingen die Töne heller; hängt er tiefer, erscheinen die Töne dunkler. Als Stichprobe nutzen Sie am besten ein Musikstück mit wenig Instrumenten. So können Sie den Klang Ihres Plattenspielers besser einschätzen.

Schritt 3: Auflagegewicht festlegen

Das richtige Auflagegewicht (auch Auflagekraft) sorgt dafür, dass die Nadel nicht zu stark und nicht zu schwach in die Plattenrille gedrückt wird. Bei zu hohem Druck verschleißen Nadel und Platte schneller, ist der Druck zu gering springt die Nadel leichter aus der Rille und es entstehen Verzerrungen.

Benötigtes Werkzeug:

  • Wasserwaage
  • Bedienungsanleitung

Tonabnehmer auf spezieller Waage mit Gewichtsanzeige vor rotem Hintergrund Das genaue Gewicht zeigt eine Tonarmwaage. (Bildquelle: T. S. Tubai/Amadis / Pixabay)

So gehen Sie vor:

  • Tonarm von der Halterung heben und Anti-Skating auf „0“ stellen.
  • Tonarm über Plattenteller führen und Rad des Gegengewichts drehen, bis der Tonarm exakt parallel zum Plattenteller ausgerichtet ist und sich in der Schwebe befindet.
  • Gegengewicht mit Fingern festhalten, um Tonarm in Position zu halten.
  • Richtiges Gegengewicht einstellen.

Einstell Tipp:

Das richtige Gegengewicht geben die meisten Hersteller in der Bedienungsanleitung an. Sollte dies bei Ihrem Plattenspieler nicht der Fall sein, können Sie anhand der Herstellernummer im Internet nach dem passenden Wert suchen oder zu einer speziellen Wasserwaage greifen, um das Gewicht manuell zu ermitteln.

Schritt 4: Nadel-Azimut ausrichten

Betrachten Sie die Nadel frontal, sollte diese exakt senkrecht (90°-Winkel) zum Plattenteller stehen. Im Regelfall ist diese genau ausgerichtet, wenn der Tonabnehmer parallel zum Plattenteller schwebt. In seltenen Fällen ist die Nadel jedoch schräg verbaut. Abweichungen führen dazu, dass eine Stereo-Seite stärker ausgespielt wird als die andere.

Benötigtes Werkzeug

  • keines

Nadel im 90°-Winkel auf Schallplatte Frontal betrachtet sollte die Nadel im 90°-Winkel zur Platte stehen. (Bildquelle: Mac Ckrevsky / unsplash)

So gehen Sie vor:

  • Stellen Sie sich frontal vor den Tonabnehmer und betrachten Sie die Nadel.
  • Entfernen Sie die Nadel, falls nötig und setzen Sie sie richtig ein.
  • Kontrollieren Sie die Nadelstellung per Auge oder über den Klang.

Einstellung per Gehör

Um die Nadel per Gehör einzustellen, empfehlen wir ein Lied mit möglichst wenigen Instrumenten und Ablenkungen (bspw. Stimmen). Konzentrieren Sie sich hier auf eines der Instrumente, um mögliche Verzerrungen besser heraushören zu können.

Schritt 5: Kröpfungswinkel und Überhang prüfen

Im Regelfall sind Überhang und Kröpfungswinkel bereits eingestellt. Haben Sie ein älteres Gerät übernommen, kann eine Nachjustierung aber nötig sein. Die benötigte Justierschablone liegt neueren Plattenspieler meistens bei. Ist dies bei Ihnen nicht der Fall, können Sie sich entsprechende Vorlagen im Internet bestellen oder als PDF ausdrucken. Achten Sie bei Letzterem auf das exakte Format.

Benötigtes Werkzeug

  • Justierschablone

Überhangschablone von Ortofon auf Plattenspieler vor weißem Hintergrund Passende Justierschablonen bietet beispielsweise der Hersteller Ortofon an. (Bildquelle: Ortofon / amazon)

So gehen Sie vor:

  • Plattenspieler vom Netz trennen, um ungewollte Bewegung vom Plattenteller zu vermeiden.
  • Justierschablone auf den Plattenteller legen.
  • Tonabnehmer so lang tiefer in die Fassung des Headshell bewegen, bis die Nadel bei Prüfung genau auf die angegebenen Hinweispunkte der Schablone aufsetzt. 
  • Verbindungsschrauben am Headshell festziehen.
  • Achtung: Verschiebt sich der Tonabnehmer, müssen Sie die Einstellung erneut vornehmen.

Schritt 6: Anti-Skating einstellen

Beim Abspielen der Platte wirkt die sogenannte Rillenflanke auf den Tonarm ein und zieht ihn in Richtung der Plattenmitte (Skating). Da hierdurch auch die Nadel in der Rille verrutscht, äußert sich die Kraftauswirkung durch eine verschobene Klangwiedergabe. Mit dem Anti-Skating gleichen Sie die Kraft aus und verhindern einen unsauberen Klang. In einigen Fällen ist die Funktion bereits im Tonarm integriert. Falls nicht, müssen Sie sie manuell einstellen. Den optimalen Wert finden Sie in der Regel in der Bedienungsanleitung.

Benötigtes Werkzeug

  • keines

Anti-Skating und Gegengewicht beim Audio-Technica AT-LPW50PB Beim Audio-Technica AT-LPW50PB ist das Anti-Skating über einen Drehregler einstellbar. (Bildquelle: Audio-Technica /amazon)

So gehen Sie vor:

  • Anti-Skating-Wert nicht auffindbar: Gleichen Wert wie für die Aulagekraft einstellen.
  • Ab diesem Punkt Kraft herunterregeln, bis optimaler Wert gefunden ist.
  • Richtige Einstellung ist gefunden, wenn sich der Tonarm waagerecht über dem Plattenteller befindet und beim Abspielen der Platte nicht nach Innen zieht.

Eine gewichtige Sache:

Achten Sie darauf, dass der Wert beim Anti-Skating niemals über dem des Gegengewichts liegt. Als ungefähren Richtwert geben einige Seiten einen Mindestwert von etwa „drei Viertel“ des Auflagegewichts an.

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von Kirsten Holst

Fachredakteurin im Ressort Audio, Video und Foto - bei Testberichte.de seit 2020.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Werkzeuge braucht man zum Plattenspieler-Justieren?

In der Regel benötigen Sie zum Einstellen Ihres Plattenspielers: ein Geodreieck, eine Justier- oder Einstellschablone, einen Schraubendreher, eine Wasserwaage und eine Zange.

Worauf muss beim Wechsel des Tonabnehmers geachtet werden?

Beim Anbringen des neuen Tonabnehmers sollten Sie zunächst die Nadel entfernen, um sie nicht versehentlich zu beschädigen. Ziehen Sie die Verbundschrauben außerdem nicht zu fest an, damit Sie im Nachgang weitere Einstellungen vornehmen können. Im letzten Schritt ist es wichtig, die Kabel nicht zu fest mit der Zange zu greifen, da die Drähte schnell brechen.

Was ist beim einstellen der Tonarmhöhe zu beachten?

Die Tonarmhöhe sollte bei gesenkter Nadel parallel zum Plattenteller schweben. Außerdem wichtig: Je nach Höhe verändert sich der ausgegebene Klang, sodass Sie hier schon den ersten Feinschliff für den richtigen Sound einstellen können. Es gilt: je höher der Tonarm, desto heller die Töne. Je niedriger der Tonarm, desto tiefer die Töne.

Wie kann man das richtige Gegengewicht beim Plattenspieler ermitteln?

In der Regel geben Hersteller das Gegengewicht bereits in der Bedienungsanleitung an. Sollte dies nicht der Fall sein, können Sie es über die Herstellernummer im Internet ermitteln oder eine spezielle Wasserwaage nutzen.

Warum sollte die Nadel senkrecht zum Plattenteller stehen?

Über die Rillen liest die Nadel die Schallplatte ab und gibt die Informationen an den Plattenspieler weiter, der sie in akustische Signale umwandelt. Ist die Nadel schräg installiert, liest sie eine Seite nur teilweise aus, wodurch im Klang eine Stereo-Seite stärker ausgegeben wird als die andere. Bestenfalls steht die Nadel daher im 90°-Winkel zum Plattenteller.

Was kann man tun, wenn man keine Justierschablone hat?

Normalerweise legen die Hersteller eine Justierschablone dem Lieferumfang bei. Ist dies nicht der Fall, können Sie Vorlagen aus dem Internet nutzen. Achten Sie hier aber darauf, dass Sie beim Druck die richtige Formatgröße auswählen. Weniger Mühe haben Sie, wenn Sie eine neue Vorlage direkt im Internet bestellen.

Was bedeutet Anti-Skating?

Beim Abspielen einer Platte zieht die Rillenflanke den Tonarm in Richtung Mitte des Plattentellers. Dieses Phänomen wird auch als „Skating“ bezeichnet. Um diese Kraft auszugleichen und die Nadel auf Spur zu halten, ist an den meisten Plattenspielern manuell eine Gegenkraft, das sogenannte „Anti-Skating“, einstellbar.

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