Sie läuft. Und das richtig lang!
Eigentlich wären Smartwatches vom Konzept her dazu geeignet, traditionelle Uhren komplett abzulösen. Sie bringen jede Menge praktische Funktionen mit sich, die man nutzen kann, aber nicht muss, und sie lassen sich dank Touchscreen besonders bequem nutzen. Wenn, ja, wenn da nicht das Problem der niedrigen Ausdauer wäre. Selbst Fans der modernen Technologie haben keine Freude daran, ihre Smartwatch jeden Abend oder doch jeden zweiten Tag auf die Ladestation legen zu müssen. Das ist besonders nervig für jene, die es gewohnt sind, die Armbanduhr wirklich stets am Handgelenk zu tragen.Die Samsung Galaxy Watch geht dieses Problem endlich an. Zwar auf sehr traditionelle Weise, aber immerhin: Der Akku wurde schlicht deutlich vergrößert und liefert damit Saft für bis zu sieben Tage – sofern das LTE-Mobilfunkmodul aus bleibt. Das ist schon eine Ansage und könnte die Uhr in die Herzen neuer Zielgruppen tragen. Vermutlich werden dies aber nach wie vor eher männliche Zielgruppen sein, denn diese eindrucksvolle Ausdauer gibt es nur beim ziemlich klobigen 46-mm-Modell. Wer das für schlankere Handgelenke entworfene 42-mm-Modell wählt – und dies dürfte die Masse sein – muss mit maximal fünf Tagen auskommen. Immer noch spürbar mehr, aber eben psychologisch nicht so eindrucksvoll wie eine Woche Nonstop-Nutzung.
Die Maxime lautet: Immersion!
Neben der Ausdauer hat Samsung vor allem die noch immer eher mittelmäßige Immersion als Problem ausgemacht: Die bisherigen Smartwatches simulieren mit ihren Displays zwar traditionelle Uhrenziffernblätter – die sogenannten, beliebig austauschbaren Watchfaces – diese sehen aber nur bedingt realistisch aus. Da man doch eher von Nahem auf das Display blickt, erkennt man sehr schnell, dass alles 2D ist, also flach und steril wirkt. Mit der Gear S2 hatten die Südkoreaner erstmals versucht, eine Art 3D-Effekt einzuführen, doch das Resultat war eher mäßig. Bei der neuen Galaxy Watch soll dieser Effekt noch einmal überarbeitet und spürbar verstärkt worden sein. Wer nun seitlich aufs Ziffernblatt blickt, erhält (vermutlich dank der integrierten Lagesensoren) einen leicht anderen Anblick als frontal betrachtet. Die Zeiger bewegen sich also leicht, als wenn sie sich in einer Ebene über dem Hintergrund befinden. Was auch immer Samsung hier gemacht hat, es wirkt erstaunlich plastisch.Eine weitere Neuerung ist – kein Scherz! –, dass die Uhr wie eine echte Analoguhr tickt. Nun sind Soundgeneratoren in Elektroautos so langsam alltäglich, in einer Digitaluhr aber dann doch recht exotisch. Im Test konnte die neue Funktion durchaus überzeugen, die Täuschung soll nahezu perfekt sein. Der Haken daran: Eigentlich geht vielen solch ein permanentes Ticken eher auf den Geist und nicht wenige Nutzer werden genau deshalb von Armbanduhren abgeschreckt. Die gute Nachricht ist, dass die Funktion jederzeit abgeschaltet werden kann und ohnehin ab Werk erst einmal deaktiviert ist. Niemand wird also gezwungen, ganz so tief in die Immersion einzutauchen.
Unabhängigkeit ist der zweite Fokus
Davon abgesehen steht in der neuesten Generation vor allem die Unabhängigkeit von allem im Mittelpunkt der Bemühungen. Die Uhr besitzt in der teuersten Ausführung auch ein integriertes LTE-Modul und kann dadurch auf das Mobilfunknetz zugreifen. Ist der Vertrag an die normale Rufnummer gekoppelt, kann man also mit der Galaxy Watch Nachrichten empfangen, ohne dass man das Smartphone überhaupt dabei hat. Auch das Surfen auf Nachrichtenseiten sowie das Füttern von Daten in die zahlreichen zur Verfügung stehenden Apps ist damit unabhängig vom Handy möglich.Nicht zuletzt kann man nun unabhängig vom Smartphone Musik hören. Zum einen ist es dank LTE möglich, schlicht die Spotify-Flatrate anzuwerfen, zum anderen besitzt die Uhr einen internen Speicher von 4 GB. Das ist nicht viel und reicht sicherlich nicht für die ganze MP3-Sammlung, aber einige Dutzend MP3s kann man darauf schon ablegen – fürs Jogging ist das ausreichend. In jedem Fall ist Samsung sichtlich bemüht, die Galaxy Watch als eigenständiges Produkt zu vermarkten, das das Smartphone in der Hosentasche nicht mehr benötigt. Und damit wird einer der größten Kritikpunkte angegangen: Warum eine Smartwatch, wenn ich ohnehin das Handy zusätzlich brauche?