Das Gerüchte machte schon lange Zeit die Runde, jetzt ist es offiziell: Der weltgrößte Online-Markt Amazon bringt ein eigenes Android-Tablet auf den Markt. Das 7-Zoll-Gerät besitzt einen IPS-Touchscreen mit 1.024 x 600 Pixeln Auflösung und wird von einem bislang nicht näher spezifizierten Dual-Core-Prozessor angetrieben. 1 GHz Taktrate sollten es aber in jedem Fall sein. Auch der Arbeitsspeicher bleibt ein Mysterium. Doch Amazon legt auch weniger Wert auf technische Daten als auf die verwendete Software und die zahllosen integrierten Eigenservices. Und dabei offenbart sich eine herrliche Ironie: Das Kindle Fire dürfte durch die Attraktivität von Amazon und seines Services das bislang bestverkaufte Android-Tablet werden – ohne wirklich Android zu verwenden.
Denn die Software des Amazon-Tablets basiert zwar auf Android, ist jedoch so tiefgreifend verändert worden, dass selbst erfahrene Android-Nutzer Schwierigkeiten haben dürften, das Betriebssystem wiederzuerkennen. Weder finden sich die bekannten Homescreens noch die klassischen Android-Menüs – alles wurde so stark verändert, dass die angepassten Oberflächen von HTC und Samsung dagegen bestenfalls wie Minimalveränderungen wirken. Selbst grundlegende Apps wie das E-Mail-Programm sehen komplett eigen aus und folgen einer anderen Bedienlogik als von Android gewohnt, wenngleich natürlich die Integration von Google Mail und anderen Diensten problemlos möglich ist. Letzten Endes wirkt die Oberfläche sehr auf die Nutzung von E-Books hin angepasst.
Und genau da setzt die Kritik einiger Beobachter an: Das Kinde Fire wirke gar nicht wie ein echtes Tablet, sondern eher wie ein etwas aufgepeppter Kindle-Reader – was im Grunde schon die Bezeichnung des Tablets verrät. Auch die Technik enttäusche ein wenig, sie sei bestenfalls auf ordentlichem Mittelklasse-Niveau. Bei der Ausdauer zeige sich das Gerät mit lediglich 7,5 bis 8 Stunden Videowiedergabe bei abgeschaltetem WLAN (!) zudem sehr schwach – mit WLAN dürften es vielleicht vier Stunden Nutzungszeit sein. UMTS fehle sogar komplett. Das Gewicht von 413 Gramm wiederum werde zwar vereinzelt in den Medien gelobt, sei aber für die 7-Zoll-Klasse nichts Besonderes. Hier werde ein falscher Vergleich mit 10-Zöllern gezogen. Und in der Tat gibt es längst Tablets, die bei 7 Zoll mit 300 bis 350 Gramm aufwarten können (zum Beispiel das Samsung Galaxy Tab 7.7).
Das Amazon Kindle Fire ist kein sonderlich ambitioniertes Tablet – was die Hardware-Seite anbelangt. Das ist richtig. Die erfrischende und vor allem einfach zu bedienende Oberfläche sowie die sinnvolle Zusammenführung aller erdenklichen Amazon-Services (MP3-Downloads, Bücher, Shopping...) bieten jedoch einen starken Kaufanreiz. Da Amazon zudem einen eigenen sorgfältig geprüften App-Service großen Umfangs bietet, steht dem Nutzer auch die ganze Android-Welt offen. Für gerade einmal 200 US-Dollar ist das sicherlich ein klares Kaufargument.
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- Erschienen: 06.11.2015 | Ausgabe: 12/2015
- Details zum Test
Praxistest-Urteil: 3 von 5 Sternen
„Pro: IPS-Display; Speicher erweiterbar um bis zu 128 Gigabyte; sehr günstig.
Contra: kleiner interner Speicher; keine HD-Wiedergabe; keine automatische Helligkeitsregulierung; Monolautsprecher; geringe Kameraauflösung vorn (VGA) und hinten (2 MP); kein GPS.“