15.11.2021

Nahverkehrs-Ranking 2021: Schwerin, Potsdam und Stuttgart top - Lübeck, Berlin und Bonn flop

  • Testberichte.de hat zum dritten Mal die ÖPNV-Angebote von 43 Städten miteinander verglichen
  • Kiel ist Aufsteiger des Jahres, Berlin rutscht am stärksten ab
  • Erfreulich: Preissenkungen bei Schüler-Monatsticket um bis zu 60 Prozent

Günstig oder teuer - wie attraktiv ist der öffentliche Nahverkehr in Deutschland? Das Verbraucherportal Testberichte.de hat zum dritten Mal die Angebote der Verkehrsbetriebe aller Landeshauptstädte und aller Städte über 200.000 Einwohner miteinander verglichen. Herausgekommen ist Deutschlands umfassendstes Nahverkehrs-Ranking - zusammengefasst in einer übersichtlichen Tabelle und einer interaktiven Karte:




Einzelfahrscheine: Schwerin und Erfurt günstig, Hamburg und München teuer

Nur 2 Euro zahlt ein Erwachsener für eine Einzelfahrkarte zur Hauptverkehrszeit in Schwerin, gefolgt von Erfurt (2,20 Euro) sowie Chemnitz, Magdeburg und Potsdam (2,30 Euro). Am teuersten ist die einfache Fahrt in den Stadtgebieten von Hamburg und München mit je 3,40 Euro bzw. Lübeck und Münster mit je 3,30 Euro. Der Durchschnitt liegt bei 2,80 Euro. Bei Tageskarten ist Schwerin mit 4 Euro der Preissieger, gefolgt von Chemnitz (4,60 Euro) und Potsdam (4,70 Euro). Lübeck langt mit 9,90 am kräftigsten zu, Berlin, Köln und Bonn liegen auf dem zweitletzten Rang (je 8,80 Euro). Der Durchschnittswert ist 6,86 Euro. Kurzstrecken kosten von 1,50 Euro in Bremen, Frankfurt, Freiburg und Stuttgart bis zu glatt 2 Euro in Berlin, Bonn, Leipzig und Köln (Durchschnitt: 1,74 Euro). Chemnitz, Dresden, Erfurt, Karlsruhe und Mannheim haben keine Kurzstrecken im Angebot, Mannheim zumindest keine, die im gesamten Stadtgebiet erhältlich ist.

Monatskarte lohnt sich in München und Münster sehr, in Köln und Bonn kaum

Betrachtet man die Preise für Monatskarten (ein Erwachsener mit Jahres-Abo bei monatlicher Zahlweise), liegt Potsdam (36,17 Euro) vor Schwerin (43,08 Euro) und Magdeburg (45,21 Euro). Hamburg ist auch hier am teuersten (92,40 Euro), Köln und Bonn liegen auf dem vorletzten Rang (je 89,40 Euro). Doch wo lohnt sich eine Monatskarte am ehesten im Verhältnis zum Einzelfahrschein? Hier liegt München vorne, dort hat sich die Zeitkarte bereits nach 14 Fahrten amortisiert, gefolgt von Münster ab 15 Fahrten und Potsdam ab 16. In Köln und Bonn dagegen rentiert sich das Monatsticket erst nach 30 Fahrten - also nur dann, wenn man kein Home-Office macht und jeden Arbeitstag hin zurück mit den Öffentlichen fährt. In Frankfurt sieht es mit 29 Fahrten kaum besser aus. Im Schnitt aller untersuchten Städte lohnt sich ein Monatskarten-Abo für Erwachsene nach rund 23 Fahrten.

Schüler-Monatskarte ist in vielen Städten deutlich günstiger geworden

Die Preise für Einzelfahrscheine für Kinder (gelten meist von 6 bis 14 Jahren) reichen von 1 Euro in Schwerin bis zu 2 Euro in Lübeck und Saarbrücken (Durchschnitt: 1,63 Euro). Bei Schüler-Monatskarten gab es erfreulicherweise innerhalb der letzten zwei Jahre große Preissenkungen von 30 bis 60 Prozent in folgenden Städten: München, Kiel, Hamburg, Stuttgart, Münster, Augsburg, Nürnberg, Chemnitz und Dresden – und auch in Bielefeld, wo das Testberichte.de-Nahverkehrs-Ranking 2019 politische Forderungen nach niedrigeren Fahrpreisen für Schüler zu Folge hatte. Abgesehen von Berlin und Rostock, wo Schüler-Monatskarten grundsätzlich kostenlos sind, reichen die Preise von 15 Euro in Braunschweig, Chemnitz, Dresden, Leipzig und Hannover bis 55,20 Euro in Lübeck.

Hunde fahren häufig kostenlos, Fahrräder sind nicht immer willkommen

In der Hälfte der Städte können große Hunde kostenlos mitgenommen werden, andernorts werden zusätzlich 1 Euro (Schwerin) bis 2 Euro (Dresden, Leipzig, Lübeck Saarbrücken) verlangt. Fahrräder fahren nur in Chemnitz, Frankfurt, Kassel, Mainz und Wiesbaden grundsätzlich ohne eigenes Ticket mit, sonst werden für sie zusätzlich 1 Euro (Schwerin) bis 3,60 Euro fällig (alle 10 Städte des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, VRR). Häufig dürfen Fahrräder ohne zusätzliche Kosten mitgenommen werden, wenn eine Zeit- oder Gruppenkarte vorhanden ist oder auch generell außerhalb des Berufsverkehrs (Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Mannheim, Saarbrücken und Stuttgart). Wer sicher sein möchte, sollte dabei immer ins Kleingedruckte schauen. Dort steht in aller Regel auch, dass es keine Mitnahmegarantie für Fahrräder gibt, wenn Verkehrsmittel ausgelastet sind. In Hamburg, Hannover und München sind Fahrräder zumindest während des morgendlichen Berufsverkehrs überhaupt nicht zugelassen. Berufspendler, die Teilstrecken auf dem Zweirad zurücklegen möchten, haben hier Pech gehabt.

Handy-Tickets zunehmend einfacher zu kaufen, teilweise verwirrende Kommunikation

Handy-Tickets bekommt man besonders kundenfreundlich, also ohne vorherige Registrierung in Berlin, Bonn, Bremen, Frankfurt, Freiburg, Halle, Hannover, Kassel, Kiel, Köln, Leipzig, Lübeck, Magdeburg, Mainz, München, Nürnberg, Potsdam, Rostock und Wiesbaden. Das sind deutlich mehr als doppelt so viele wie vor zwei Jahren - häufig dank der direkten Bezahlfunktion via Kreditkarte oder Paypal. Manche Apps wie die im Rhein-Main-Gebiet (z.B. Frankfurt, Leipzig, Mainz, Wiesbaden) und in Kassel bieten auch eine Bezahlfunktion über die Telefonrechnung an, die allerdings wegen Zusatzgebühren unattraktiv ist. Bisweilen müssen dennoch Name, Geburtsdatum oder E-Mail-Adresse angegeben werden. Verwirrend ist die teils veraltete Kommunikation zu etlichen Apps, bei denen noch eine Registrierung als Voraussetzung für den Ticketkauf genannt wird (Frankfurt, Mainz, München, Rostock, Wiesbaden), obwohl dort mittlerweile ein Ticketkauf ohne Registrierung möglich ist. Umgekehrt ist ein Ticketkauf bei der Düsseldorfer Rheinbahn (die auch den Ticketkauf für den gesamten VRR abwickelt) ohne Registrierung nicht mehr möglich, obwohl dies noch in der App-Beschreibung steht. In einigen Städten gibt es auf dem Smartphone Rabatte auf manche Fahrpreise, dazu zählen Augsburg, Bielefeld, Bonn, Braunschweig, Erfurt, Freiburg, Hamburg, Köln, Mannheim, Münster, Nürnberg und Stuttgart.

Kiel ist Aufsteiger des Jahres - Berlin größter Verlierer

Kiel hat als einzige Stadt im Ranking sein Einzelticket für Erwachsene im Preis gesenkt (von 2,60 auf 2,40 Euro). Auch der Preis fürs Tagesticket sank um rund 8 Prozent (7,20 statt 7,80 Euro), mit 30 Prozent fiel die Preissenkung bei der Schüler-Monatskarte besonders stark aus. Dadurch konnte Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt im Testberichte.de-Nahverkehrs-Ranking im Vergleich zu 2019 den größten Sprung nach oben machen - um 16 Plätze auf Rang 9. Absteiger des Jahres ist Berlin (von Platz 24 auf 42), das die Ticketpreise für alle Einzelfahrscheine um bis zu 26 Prozent erhöhte: So kostet das Tagesticket jetzt 8,80 statt 7 Euro, die Kurzstrecke 2 statt 1,70 Euro. Nur die Kosten für das Monatsabo der Erwachsenen blieb stabil - es liegt mit monatlich 63,42 Euro fast beim deutschlandweiten Durchschnitt von 62,49 Euro. Und mit der weiterhin grundsätzlich kostenlosen Schüler-Monatskarte ist Berlin (neben Rostock) nach wie vor führend (Durchschnitt: 31,66 Euro).

Informationen zur Auswertung von Testberichte.de

Ausgewertet wurden die Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) von 43 Städten (alle Städte über 200.000 Einwohner inklusive aller Landeshauptstädte, also auch Saarbrücken, Potsdam und Schwerin mit je unter 200.000 Einwohnern). Dabei wurden die Tarife für das jeweilige gesamte Stadtgebiet verglichen (z.B. 5000 in Frankfurt, AB in Hamburg, Preisstufe 3 in Lübeck). Betrachtet wurden die Preise von Einzelfahrscheinen für Erwachsene, Kinder, Hunde und Fahrräder. Maßgebend waren die Konditionen, die werktags um 8 Uhr gelten; Vorverkaufsrabatte, die nicht an jeder Haltestelle angeboten werden (Braunschweig, Münster, Bielefeld), wurden nicht berücksichtigt. Bei Monatskarten wurde jeweils die günstigste allgemein erhältliche Abo-Version mit monatlicher Zahlweise gewählt (bei einer Laufzeit von höchstens 12 Monaten). Da in einigen Fällen der Abo-Rabatt durch Freimonate gewährt wird oder anderweitig gestaffelt ist, wurde hier der Vergleichbarkeit halber als monatlicher Preis ein Zwölftel der Gesamtkosten für das erste Vertragsjahr angenommen. Bei Schüler-Monatskarten wurde im Zweifel das Modell für Schüler gewählt, die in der jeweiligen Stadt wohnen bzw. zur Schule gehen. Nicht berücksichtigt wurde, dass in einigen Städten die Kosten nachträglich ganz oder teilweise erstattet, wenn Schüler mindestens 2 bis 4 Kilometer von der Schule entfernt wohnen oder einen gefährlichen Schulweg haben. Dies geschieht in der Regel aber nicht über die Verkehrsverbünde, sondern in teilweise komplizierten Antragsverfahren über die Stadtverwaltungen oder Schulen.

Insgesamt wurden zu 10 Kriterien Einzel-Rankings erstellt (siehe Tabelle: alle Spalten, die das Wort “Ranking” enthalten). Eins dieser Einzel-Rankings berücksichtigt die Kaufkraft (verfügbares Einkommen) in der jeweiligen Stadt, indem diese ins Verhältnis zum Preis für eine Erwachsenen-Einzelfahrkarte gesetzt wurde. Der Durchschnittswert aller Platzierungen bei diesen 10 Rankings ist maßgebend für die Platzierung einer Stadt in der Gesamtwertung.

Quellen:
 

Das Nahverkehrs-Ranking 2021

Wie verbraucherfreundlich ist das Nahverkehrsangebot in meiner Stadt? Hier geht es zum gesamten Ranking: www.testberichte.de/link/nahverkehr2021

 

Über Testberichte.de

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