Achtung Taschendiebstahl! (Erfahrungsbericht MyWirecard von Mastercard und VISA)
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Nachteile:
versteckte Kosten, von Service keine Spur, unverschämte Mitarbeiter
Auf der Suche nach einem anonymen Zahlungsmittel zur Bezahlung im Internet bin ich vor knapp zwei Monaten auf die MyWireCard der Wirecard Bank AG gestoßen. Da die Plastikkarten das Logo der Kreditkartenanbieter Mastercard und VISA tragen, war ich der irrigen Ansicht, es handelt sich dabei um ein seriöses Zahlungsmittel, was sich jedoch binnen weniger Wochen als grundlegender Irrtum herausstellte. Dass die Wirecard Bank AG in ihrer Produktbeschreibung schlicht und ergreifend lügt, ist schon schlimm genug - dass der Kunde dann aber zum Drüberstreuen auch noch völlig selbstverständlich um sein Guthaben abgezockt wird, ist eine bodenlose Frechheit.
Aber schön der Reihe nach: In Zeiten der Internet-Überwachung durch NSA und Kollegen hatte ich mich entschlossen, zur Übertragung meiner Daten fortan einen VPN-Dienst zu nutzen. Da die Verwendung eines Dienstes für die anonyme Datenübertragung aber nicht 100% sinnvoll ist, wenn man diesen mit einem namentlich zuordenbaren Zahlungsmittel bezahlt, habe ich mich zunächst mit der spannenden Frage auseinander gesetzt, wie man denn heutzutage überhaupt eine Online-Transaktion anonym begleichen kann: Einen Geldschein in ein Kuvert stecken wollte ich nicht, die Verwendung von Bitcoin erschien mir für die einmalige Anwendung zu kompliziert und so entschied ich mich dann für die MyWireCard mit dem VISA-Logo.
Die Karte ist in meinen Augen relativ schwer zu bekommen, jedenfalls musste ich erst ein halbes Dutzend Tankstellen abklappern, bis ich endlich Erfolg hatte. Die eigentlichen Probleme namen damit jedoch erst ihren Lauf.
Unwahrheit #1: "Ohne Transaktionskosten, ohne Formalitäten, ohne persönliche Daten nennen zu müssen."
Das grundlegende Problem der MyWireCard besteht darin, dass in der Produktbeschreibung Dinge behauptet werden, die einfach nicht wahr sind. Was mir beim Kauf der Karte niemand verraten hat und was auch nur im Kleingedruckten der Geschäftsbedingungen steht, ist dass man auf das eigenhändig aufgeladene Guthaben erst dann zugreifen kann, wenn man die Karte auf der MyWireCard-Webseite registriert. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist es in Deutschland jedoch nicht vorgesehen, eine Telefonwertkarte anonym zu betreiben, weshalb die eigene Telefonnummer definitiv unter "persönliche Daten" fällt - die Registrierung der MyWireCard ist damit anonym gar nicht möglich. ES SEI DENN natürlich, man hat Zugriff auf die Rufnummer eines Landes, in dem eine solche anonyme Registrierung vorgesehen ist.
Zum Glück bietet die Webseite receive-sms-online.com die Möglichkeit, auch dann SMS-Nachrichten zu empfangen, wenn man selber kein Mobiltelefon besitzt oder seine persönliche Rufnummer nicht bekannt geben will, also bin ich diesen Weg gegangen, nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass die Verwendung eines solchen Dienstes in den AGB der Wirecard Bank AG nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist.
Unwahrheit #2: "Zahlen Sie weltweit überall wo man Visa akzeptiert."
Nach der Registrierung konnte ich allerdings mit der MyWireCard noch immer nicht bezahlen, obwohl der Anbieter, bei dem ich kaufen wollte, selbstverständlich alle gängigen Kreditkarten akzeptiert und zigtausend andere Kunden dort problemlos bezahlen können. Nicht so mit der MyWirecard, die im Bezahlprozess jedes Mal abgelehnt wurde. Die Behauptung, dass die MyWirecard überall dort eingesetzt werden kann, wo Visa akzeptiert wird, ist somit auch nicht wahr - die Wirecard Bank AG konnte (oder wollte) mir bei diesem Problem jedoch nicht helfen.
Als nächstes habe ich beschlossen, die Wirecard Bank AG zu kontaktieren, um eine Rückzahlung meines Guthabens INKLUSIVE der 10 Euro für die Plastikkarte zu beantragen, da sich das Produkt von mir nicht in Betrieb nehmen ließ und jedenfalls nicht die angepriesenen Funktionen erfüllt, wegen der ich es überhaupt angeschafft hatte.
Um mich als Besitzer der Karte auszuweisen, hielt ich es für die beste Idee, mich zunächst in mein MyWireCard-Konto einzuloggen. Das richtige Passwort fiel mir erst beim vierten Versuch ein, allerdings wurde mir trotz korrekter Eingabe auf einmal der Zugang mit der Begründung verweigert, dass mein Login nun nicht mehr akzeptiert werden kann, da ich ja bereits dreimal ein falsches Passwort eingegeben hätte. Noch überraschender kam die Meldung, dass bei dieser Gelegenheit nun auch gleich meine Mywirecard gesperrt wurde, und ich nun auch keinen Zugriff auf mein Geld mehr habe. Ich könne jedoch den Kundendienst kontaktieren und dort mein Problem vortragen.
Also habe ich den Kundendienst kontaktiert und freundlich mein Problem geschildert. Vorweg: Die Erstattung der Kartengebühr wegen Nichtfunktionierens muss man gegenüber der Wirecard Bank AG noch nicht mal erwähnen, der Support ist offenbar darauf geschult, diese Frage systematisch zu ignorieren. Der Aufforderung, ein Foto der Karte einzuschicken um damit meinen Besitz zu belegen, bin ich umgehend nachgekommen - als nächstes wurde von mir jedoch verlangt, auch noch die Telefonnummer (!) anzugeben, die ich einen Monat zuvor bei der Aktivierung des Kontos verwendet hatte. Nachdem diese zu keinem Zeitpunkt als Sicherheitsmerkmal definiert wurde, das ich im Falle einer Kartensperre angeben muss, hatte ich mir die allerdings auch nirgendwo notiert. Statt dessen habe ich schließlich sogar das fehlende Passwort geschickt, das ja als Vorwand für die Sperre herhalten musste - das wurde vom Support jedoch schlicht ignoriert (und ein nochmaliges Nachhaken ebenfalls, frei nach dem Motto "Dein Geld haben wir schon, also ist der weitere Kontakt für uns nicht lohnend").
Tatsächlich hat sich die Wirecard Bank AG über ihre Geschäftsbedingungen zur willkürlichen Enteignung ihrer Kunden selbst ermächtigt, was die Situation jedoch nur noch unerträglicher macht: Die in den AGB verwendete Formulierung, dass das Nutzermedium "bei Vorliegen von Sicherheitsbedenken" jederzeit gesperrt werden kann, wird offenbar als Freibrief interpretiert, sich nach Belieben am Geld der Kunden zu bereichern und den Karteninhabern hierfür noch nicht mal eine nachvollziehbare Erklärung liefern zu müssen.
Unwahrheit #3: "Jede Person, die in den Besitz des Nutzermediums gelangt, hat die Möglichkeit, das Nutzermedium zu Bezahlzwecken zu verwenden."
...stimmt damit natürlich auch nicht. Die Ironie der Sache liegt vor allem in der Frage, was die Wirecard Bank AG unter "Sicherheit" versteht. Selbst trägt die Wirecard Bank AG jedenfalls kein Risiko, weil der Kunde die Karte ja mit seinem eigenen Geld auflädt und auch nicht überziehen kann. Das Risiko liegt also beim Kunden, dessen Geld aber Dank der in den AGB definierten "Sicherheitsregeln" auch dann nicht sicher ist, wenn er seine MyWireCard in einem Tresor aufbewahrt, da ihm die Wirecard Bank AG ja auch dort das Geld jederzeit aus der Tasche ziehen kann. (Hätte ich mein Karte tatsächlich verloren, wäre es mir jedenfalls erheblich lieber gewesen, wenn der Finder damit ein leckeres Abendessen mit seiner Freundin bezahlt hätte, als dass das Geld einfach spurlos in einem blutleeren Konzern verschwindet.)
Dass die Wirecard Bank AG von Kunden, die eine Auszahlung ihres existierenden Guthabens wollen, einen Bankauszug des fremden Empfängerkontos verlangt, mag als Kleinigkeit erscheinen - tatsächlich ist aber auch das eine ungeheure Anmaßung, weil damit über die eigentliche Kontonummer hinausgehende Informationen angefordert werden, die die Wirecard Bank AG schlichtweg nichts angehen. Gibt der solcherart genötigte Kunde gegenüber der Wirecard Bank AG nicht nach, so bekommt er auch sein Geld nicht - so einfach kann man es sich machen.
Zusammenfassung: An sich sollte man ja mit diesem ...verein vor Gericht den Boden aufwischen - dass das wegen 25 Euro niemand macht, ist wohl auch Teil der "Geschäftsidee" (ein Schelm der denkt, dass die WireCard gerade deshalb vor allem an Schufa-Problemkinder vermarktet wird). Aber falls sich jemand die Mühe macht und dafür Zeugen sucht, ich sage gerne aus. ;)
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