Schema Balkonkraftwerk mit Solarwechselrichter

Die besten Solar-Wechselrichter – Worauf kommt es an?

Es könnte so einfach sein: Balkonkraftwerk aufhängen, Wechselrichter anschließen und eigenen Strom produzieren. Doch die Qualität vieler Wechselrichter ist dürftig, weiß Dr. Andreas Schmitz, Experte hinter akkudotor.net, einer großen Datenbank mit aufwendig getesteten Solarwechselrichtern. Wo liegen die Probleme?

Dr. Andreas SchmitzZur Person
Dr. Andreas Schmitz arbeitet auf dem Gebiet der mathematischen Optimierung und künstlichen Intelligenz. Er hat Maschinenbau und Informatik studiert und Ende 2020 promoviert.

Der „Akkudoktor“ betreibt den größten Youtube-Kanal im Bereich DIY-Energiewende in Deutschland und mit akkudoktor.net eine Diskussionsplattform rund um Solartechnik und Akkus. Die Wechselrichterliste entstand in Zusammenarbeit mit Akteuren wie DerKanal, VoltAmpereLux, Prof. Stefan Krauter, Enercab und Sebastian Müller vom Verein Balkon.Solar.

Guten Tag, Herr Dr. Schmitz. Es heißt ja immer, bei einem Balkonkraftwerk zählt vor allem die Qualität des Wechselrichters. Deshalb haben Sie und Ihr Team viele dieser Geräte geröntgt, seziert und getestet. Daraus ist eine Liste mit Wechselrichtern entstanden, die Sie empfehlen können – aber auch solchen, die Sie nur eingeschränkt oder gar nicht empfehlen würden. Worauf kommt es an?

Dr. Schmitz: Im Wesentlichen auf den Wirkungsgrad, MPPT-Regler, die Software und auf elektrische Sicherheitskriterien. Ein guter Wechselrichter darf auch keine Ausfälle und Funktionsstörungen haben.

Die besten Solarwechselrichter

Was hat es mit dem Wirkungsgrad auf sich?

Dr. Schmitz: Der Wirkungsgrad beschreibt, wie viel von der Energie der PV-Module dann auch wirklich für den Nutzer zur Verfügung steht. Bei niedrigerer PV-Leistung und weniger Sonnenschein ist er naturgemäß niedriger.

Das bedeutet: Für eine Messung muss man verschiedene „Sonnenleistungen“ testen und daraus eine Art Gesamtwirkungsgrad bestimmen, den sogenannten CEC- oder EU-Wirkungsgrad. Er ist extrem wichtig bei der Auswahl. Leider stimmen die Herstellerangaben und unsere Messungen selten überein.

Und wozu dient ein MPPT-Regler?

Dr. Schmitz: Es mag merkwürdig klingen, aber ein Wechselrichter muss nach der maximalen Leistung eines PV-Moduls „suchen“. Je nach Beschattung, Temperatur usw. ändert sich das Verhalten der PV-Module stark. Der Wechselrichter muss regelmäßig die „Kennlinie" des Moduls abfahren und den Punkt mit höchster Leistung suchen. Das ist eine wichtige Funktion und bestimmt maßgeblich den Ertrag – vor allem bei wechselnden Verschattungs- und Umgebungsbedingungen.

Prof. Krauter und sein Team an der Universität Paderborn testen dieses Verhalten, indem sie die Wechselrichter ein Jahr lang unter realen Bedingungen vergleichen. So entsteht ein sehr realistisches Bild des Verhaltens.

Fertigset mit Wechselrichter Balkonkraftwerk mit allen nötigen Komponenten einschließlich Solarkabel (oben links) und Solarwechselrichter (oben rechts). Der Wechselrichter wandelt den Gleichstrom der Solarzellen in netzkonformen Wechselstrom um.

Der Solarwechselrichter ist das Herzstück zwischen den Solarmodulen und Stromnetz. Er ist ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Steckersolaranlage.

Warum benötige ich Software für mein Balkonkraftwerk?

Dr. Schmitz: Wer ein Balkonkraftwerk betreibt, will natürlich sehen, was an Ertrag reinkommt. Das macht Spaß und man kann sein Verhalten anpassen. Zum Beispiel bei viel Sonne den Geschirrspüler einschalten, um den kostenlosen Strom optimal zu nutzen. Viele Wechselrichterhersteller, vor allem aus China, bieten dafür oft Cloud-Lösungen an. Das ist zwar sehr komfortabel, hat aber zum Teil gravierende IT-Sicherheitslücken.

Von welchen Sicherheitslücken sprechen Sie?

Dr. Schmitz: Ich stehe in regem Austausch mit dem Chaos Computer Club und die Hacker konnten bei einigen Anbietern private Daten auslesen. WLAN-Passwörter oder Adressen gehören auf keinen Fall in eine solche Cloud. Hier begrüße ich Hersteller, die offene Standards und offene Schnittstellen anbieten, die ohne Cloud funktionieren. Also nur lokal beim Nutzer im Netzwerk. Das ist natürlich nicht so komfortabel, aber der Sicherheitsgewinn ist enorm.

Und die Sicherheitskriterien: Worauf muss ich hier achten?

Dr. Schmitz: Wechselrichter müssen strengen Vorschriften genügen. Wichtig ist der Netz- und Anlagen-Schutz. Er gewährleistet die sichere Abschaltung des Wechselrichters bei Netzstörungen, um Überlastung, Kurzschlüsse oder Inselbetrieb zu verhindern und somit das Stromnetz zu schützen. Das ist sehr wichtig. Hier sind einige Wechselrichter in der Vergangenheit negativ aufgefallen, trotz offizieller Zertifizierung. Für Laien ist das nicht sichtbar. Hierfür muss man den Wechselrichter röntgen oder auseinanderbauen, aber auch nachmessen.

Wechselrichter müssen strengen Vorschriften genügen. Wichtig ist der Netz- und Anlagen-Schutz. Er gewährleistet die sichere Abschaltung des Wechselrichters bei Netzstörungen, um Überlastung, Kurzschlüsse oder Inselbetrieb zu verhindern.

Welche Wechselrichter sind durch Ausfälle aufgefallen?

Dr. Schmitz: Bei einigen Discounter-Sets sind Wechselrichter verkauft worden, die unter regelmäßigen Ausfällen litten. Durch unsere breite Community bekommen wir sowas sofort mit. Das ist natürlich ein absolutes Ausschlusskriterium.

Und mit welchen Funktionsstörungen muss ich rechnen?

Dr. Schmitz: Im Rahmen der CE-Kennzeichnung muss für jeden Wechselrichter ein Nachweis erbracht werden, dass die EMV unseren Normen entspricht. Das heißt: Kann er durch Funksignale andere Geräte wie WLAN, Amateurfunk oder Radio stören? Für die meisten Verbraucher ist dieser Punkt in der Regel nicht ganz so wichtig, da selbst problematische Wechselrichter mit relativ niedrigen Frequenzen arbeiten und Dinge wie WLAN eher nicht beeinträchtigen können.

Kann ein Laie einen problematischen Wechselrichter erkennen?

Dr. Schmitz: Vermutlich nicht. Für einen Amateurfunker mit Balkonkraftwerk kann das allerdings ganz anders aussehen. Hier bekommen wir regelmäßig Berichte über Störungen. Unsere Messmöglichkeiten sind hier aber sehr eingeschränkt, da diese Messung sehr aufwändig und fehleranfällig ist.

Grundsätzlich muss der Wechselrichter eigentlich nur alle Sicherheitsanforderungen, einen unauffälligen Betrieb und einen guten Wirkungsgrad gewährleisten. Dann bekommt er einen Daumen hoch. Das ist leider keine Selbstverständlichkeit.

Bei Wechselrichtern gibt es ja große Preisunterschiede. Lohnt sich Made in Germany? 

Dr. Schmitz: Eine enge Zusammenarbeit mit deutschen Herstellern fände ich großartig. Ein Wechselrichter mit gleichbleibend guter Qualität und vor allem guter und offener Software ohne Cloudzwang, das ist nach wie vor Mangelware. Eine Lücke, die ein deutscher Hersteller mit Sicherheit füllen könnte.

In Ihrem Diskussionsforum ist die Rede von zwei deutschen Herstellern – Aeconversion und Solarnative. Werden diese Firmen auf dem deutschen Markt bald Fuß fassen?

Dr. Schmitz: Eine stärkere Solarindustrie in Deutschland fände ich großartig. Die Qualitätsansprüche an Hard- und Software sind hier in der Regel sehr hoch, sodass man sich hier nicht verstecken muss. Ganz im Gegenteil.

AEConversion existiert bereits seit 2012 und auf Solarnative sind wir alle sehr gespannt. Mein Eindruck war bisher aber, dass deutsche Hersteller gegenüber YouTube immer noch Vorbehalte haben. Wir finden das sehr schade, da wir keinem Hersteller schaden wollen. Im Gegenteil: Wenn wir früh genug testen können, können wir auch Vorschläge machen.

Balkonkraftwerk Mit dem Kauf einer steckerfertigen Mini-PV-Anlage bekommen Sie den Wechselrichter gleich mitgeliefert. Er ist das Herzstück zwischen den Solarmodulen und Stromnetz. Ob er Probleme macht, ist im Vorfeld meist nicht erkennbar.

 „Störenfried Wechselrichter“ titelt die Stiftung Warentest in ihrem Test zu Balkon-Solaranlagen. Das Problem: Wechselrichter können Elektrogeräte elektromagnetisch stören. Die Bundesnetzagentur warnt vor einem hohen Risiko für den Funkverkehr – und hat den Hoymiles-Wechselrichter (HM-800) aus dem Verkehr gezogen. Fließen solche Testergebnisse in Ihre Datenbank mit ein?

Dr. Schmitz: Wir haben sehr große Hoffnung in die Stiftung Warentest gesetzt, da wir natürlich nicht ansatzweise diese Mittel zur Verfügung haben. Ich selbst habe mich mit Prof. Martin Hundhausen intensiv mit dem Test auseinandergesetzt und wir hatten durchaus fachliche Kritik, was die Methodik angeht. Die Bewertung von Stiftung Warentest bezog sich ja auf Gesamtpakete, wie sie z.B. Yuma anbietet. Die Einzelnoten dieses Pakets waren sehr gut, eigentlich Testsieger. Trotzdem reichte es nur für ein Mangelhaft.

In unseren Messungen war der Wechselrichter unauffällig. Allerdings sind Messungen zur EMV, also der elektormagnetischen Verträglichkeit, extrem aufwändig und fehleranfällig. Unsere Messmethode kann auch nicht alle Probleme feststellen. Ich würde den Messungen der Bundesnetzagentur hier natürlich eher vertrauen. Möglicherweise traten diese Probleme auch nur bei bestimmten Chargen auf.

Die Einzelnoten dieses Pakets waren sehr gut, eigentlich Testsieger. Trotzdem reichte es nur für ein Mangelhaft. – Dr. Schmitz zum Fertig-Set Yuma Balcony (820+)

Von Stiftung Warentest getestete Balkonkraftwerke


Wie wichtig ist die elektromagnetische Verträglichkeit eines Wechselrichters im Alltag?

Dr. Schmitz: Das ist ja die Frage: Inwiefern ist die EMV für einen normalen Nutzer eines Balkonkraftwerks überhaupt von Relevanz? Störungen entstehen in der Regel durch schlecht abgeschirmte Bauteile, können aber auch durch Qualitätsunterschiede bei den Teilelieferanten entstehen. Was auch wichtig zu verstehen ist: Diese Störungen haben fast immer bestimmte Frequenzen, stören also nicht alles, sondern nur bestimmte Dienste.

Wechselrichterbauteile arbeiten mit sehr niedrigen Frequenzen, sodass es extrem unwahrscheinlich ist, dass hochfrequente Dinge wie z.B. WLAN etc. gestört werden. Eine meiner inoffiziellen Quellen bestätigte das auch: Beim HM-800 liegen die betroffenen Frequenzen deutlich unterhalb von WLAN. Betroffen könnten zum Beispiel Radio oder Amateurfunk sein.

Ansonsten: Der Wirkungsgrad beim HM-800 ist gut, es besteht eine offene Software-Schnittstelle und auch alle sicherheitsrelevanten Kriterien waren bei den von uns getesteten Geräten sehr gut. Zudem hat die Bundesnetzagentur den Weiterbetrieb ja explizit nicht untersagt. Es ist also auch erlaubt.

Wenn ich einen Hoymiles HM-800 im Betrieb hätte und kein Amateurfunker bin, würde ich ihn weiterlaufen lassen. Zudem ist bereits ein Nachfolger auf dem Markt, es handelt sich also um ein Auslaufmodell.

Sollte ich mich beim Kauf eines Fertig-Sets fragen, ob der Wechselrichter austauschbar ist, wenn ich – mit Blick auf die geplante Anhebung der Leistungsgrenze auf 800 Watt – einen leistungsfähigeren haben möchte?

Dr. Schmitz: Die meisten Wechselrichter sind per Software auf 800 Watt upgradebar, wobei die 800 Watt in den wenigsten Fällen einen deutlichen Mehrwert bringen werden. Die maximale Leistung wird über das Jahr gesehen nur selten erreicht. Falls man einen 600-Watt-Wechselrichter hat und dieser nicht auf 800 Watt upgradebar ist, würde ich keinen Austausch vornehmen. Der zusätzliche Ertrag wird die Mehrkosten in keiner Weise aufheben.

Tipp: Mit dem kostenlosen PV-Rechner auf akkudoktor.net können Sie genau solche Dinge simulieren. Auch der Stecker-Solar-Simulator der HTW Berlin zeigt Ihnen, wie viel Strom und Geld Sie mit ei­nem Balkonkraftwerk einsparen können.

Die meisten Wechselrichter sind per Software auf 800 Watt upgradebar, wobei die 800 Watt in den allerwenigsten Fällen einen deutlichen Mehrwert bringen werden. Die maximale Leistung wird über das Jahr gesehen nur selten erreicht.

Während bisher nur Balkonkraftwerke mit einer Maximalgrenze von 600 Watt erlaubt waren, sollen es bald 800 Watt sein – allerdings bei einer maximalen Modulleistung von 960 Wattpeak (WP). Anders als bisher wird hier eine Begrenzung der zulässigen Modulleistung auf 800 WP plus 20 Prozent eingeführt. Warum ist das so? Sind 800 WP prinzipiell gefährlicher als 600 WP, die bisher galten?

Dr. Schmitz: Wer ein Balkonkraftwerk hat, muss weniger Strom aus dem öffentlichen Netz beziehen, eine tolle Sache. Die Sache hat aber einen Haken:
Die Sicherungen bzw. Leitungsschutzschalter im Sicherungskasten des Hauses „sehen“ dann ja auch weniger Strom. Das heißt, sie lösen bei Überlastung nicht oder nicht rechtzeitig aus. Das muss der VDE, also der Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik e.V., natürlich berücksichtigen. Und zwar auch bei alten und isolierten Leitungen (worst case).

Wer ein Balkonkraftwerk hat, muss weniger Strom aus dem öffentlichen Netz beziehen. Eine tolle Sache. Die Sache hat aber einen Haken.

Was hat das mit der PV-Leistung zu tun?

Dr. Schmitz: Je mehr PV-Module installiert sind, desto länger können die „vollen 800 Watt” auftreten und damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine gefährliche Erwärmung von Leitungen entsteht. Der VDE geht hier sehr konservativ vor, daher diese Regelung. Die Norm ist aber noch nicht fertiggestellt und man kann aktuell Einspruch erheben. Genau das tun wir. Wir möchten, dass diese Regelung für 600 Watt aufgeweicht wird, da diese Gefahr hier wesentlich geringer ist.

Zudem muss man unterscheiden: Der VDE stellt ja kein Verbot aus, es handelt sich um eine Norm. Falls also mal ein Brand durch das Balkonkraftwerk entstehen sollte – was extrem unwahrscheinlich ist – und ein Sachverständiger zur Begutachtung vorbeikommt, dann wird sich dieser an die Norm halten.

Nochmal zur geplanten Anhebung der Einspeiseleistung auf 800 Watt bei einer Begrenzung der Modulleistung von 960 WP: Was ist, wenn ich mir ein Balkonkraftwerk mit über 1.000 WP Modulleistung gekauft habe?

Dr. Schmitz: Aus technischer Sicht ist das natürlich absolut albern. Die 40 WP machen in der Realität keinen Unterschied. Die 20%-Grenze wurde, soweit mir bekannt, auch nicht berechnet. Die 20% sind ein Wert, der bei großen PV-Anlagen verwendet wird. Dort ist es üblich, 20% mehr PV-Leistung zu nehmen als die nominale Wechselrichterleistung. Wie sich der Sachverhalt für Sachverständige einer Versicherung darstellt, kann ich allerdings nicht beurteilen.

Die besten Balkonkraftwerke

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von Sonja Leibinger

Fachredakteurin im Ressort Home & Life – bei Testberichte.de seit 2012.

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