10.03.2021
Zollfreigrenze bis Brexit: Online-Shoppen im Ausland
Auf der Suche nach der Wunschware sind Online-Shops von EU-Händlern nicht immer die erste Anlaufstelle. Entweder das Produkt wird in der EU nicht angeboten oder der Käufer findet auf Online-Seiten im EU-Ausland die gleiche Ware zu günstigeren Preisen. Doch Vorsicht: Wollen Sie Ihre Artikel über solche Seiten bestellen, sollten Sie einige Punkte beachten, um keine böse Überraschung zu erleben. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Zahlungsarten Sie nutzen sollten, welche Garantien Ihnen geboten werden und ab welchem Warenbetrag Sie zusätzliche Zollgebühren einberechnen müssen, wenn Sie von Online-Shops aus dem EU-Ausland bestellen.
Inhaltsverzeichnis:
1. Online-Shopping im Nicht-EU-Ausland: Darauf sollten Sie achten
Nicht immer ist auf den ersten Blick ersichtlich, wo der Online-Shop seinen Standort hat. Finden Sie auf einer Seite ein besonders verlockendes Angebot, ist es daher ratsam, sich vor dem ausgiebigen Shoppen über den Anbieter zu informieren. Nur so können Sie bereits vor dem Kauf einsehen, wer im Fall eines Problems zuständig ist und welche Rechte Sie bei mangelhafter Ware haben. Angaben zum Händler und Ansprechpartner finden Sie auf seriösen Seiten im Impressum oder im Bereich „Über uns“. Der bekannte Asia-Shop Gearbest gibt unter der Rubrik „Über uns“ neben weiteren Angaben auch seine Kontaktdaten an. Sind bei der Seite die Angaben nicht hinterlegt worden, sollten Sie von einem Kauf absehen. Gleiches gilt, wenn Sie den Händler lediglich per Kontaktformular erreichen können. Und selbst wenn alle anderen Angaben passen: Hat die Seite keinen Sitz in der EU, wird es schwer, Ihre Kundenrechte geltend zu machen.
Pakete können bis zu 2 Monate unterwegs sein
Betreibt der Online-Shop seine Geschäfte von China aus oder hat selbst kein Warenlager in der EU, müssen Sie sich auf eine längere Lieferzeit einstellen. Diese kann einen Monat und länger betragen. Sie können die Zeit oft verkürzen, wenn Sie mehr für den Versand ausgeben und eine Expresslieferung wählen.
Unser Tipp: Greifen Sie auf die oft mögliche Sendungsverfolgung (Tracking-Seite) zu. So haben Sie den Sendestatus Ihres Paketes genau im Blick und sind bei Lieferung vor Ort. Sind Sie dies nicht, kann es vorkommen, dass die Lieferung zurück an den Absender geschickt wird.
Klären Sie außerdem bereits vorab, unter welchen Bedingungen Sie einen Kauf tätigen – Länder außerhalb der EU verwenden oft unterschiedliches Recht. Es kann vorkommen, dass Sie kein Widerrufsrecht haben. Damit Sie nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden, lohnt sich auf alle Fälle der genaue Blick in die Datenschutzerklärung und die AGB des Anbieters. Auch hier gilt: Fehlen diese oder sind nicht schlüssig, sollten Sie von dem Produktkauf absehen.
2. Versteckte Kosten: Zollfreigrenzen und wann Sie draufzahlen müssen
Kopfhörer, Smartphones, Drohnen: China-Shops locken oft mit verdächtig günstigen Preisen, verschweigen dabei aber auch die zusätzlichen Abgaben, für die Sie als Kunde später aufkommen müssen. Die Rede ist von den Einfuhrabgaben, die je nach Warenwert draufgeschlagen werden. Das Gute vorweg: Waren bis 22 Euro fallen in der Regel unter die Zollfreigrenze - es werden also keine weiteren Kosten wie etwa Zoll oder Einfuhrumsatzsteuer fällig. Die Ausnahmen von der Regel bilden Alkohol, Tabak, Parfüms und Kaffee (kaffeehaltige Produkte). Auf diese Waren entfällt die sogenannte Verbrauchersteuer. Zusätzlich sollten Sie auf den Warenwert achten. Dieser berechnet sich nämlich sowohl aus dem Produktpreis als auch den Versandkosten. Bestellen Sie also beispielsweise Kopfhörer für 16 Euro und die Versandkosten betragen weitere 10 Euro, müssen Sie Einfuhrabgaben leisten.
Steuerfreigrenze bis 22 Euro wird aufgehoben
Beachten Sie: Ab dem 1. Juli 2021 treten neue Regelungen zur Einfuhr von Kleinsendungen in Kraft. Die Steuerfreigrenze wird bei Sendungen mit einem Warenwert bis 22 Euro aufgehoben - durch die sogenannte Kleinbetragsregelung müssen Zahlungen unter einem Euro nicht geleistet werden. Zudem benötigen Sendungen bis zu einem Warenwert von 150 Euro - also auch Kleinsendungen - eine elektronische Zollanmeldung. Mehr Details zum Thema finden Sie auf der Seite: www.zoll.de.
Ab welchem Warenwert Sie zusätzliche Kosten tragen müssen, haben wir Ihnen in der folgenden Tabelle zusammengefasst:
Warenwert | Zu leistende Einfuhrabgaben | Ausnahmen |
---|---|---|
Bis 22 Euro |
| Verbrauchersteuer gilt für:
|
22 Euro bis 150 Euro |
|
|
Über 150 Euro |
|
|
Gute Produkte aus der EU
Auch in der EU gibt es gute und günstige Produkte, die einen Blick wert sind. Der Vorteil: Hier sparen Sie Zeit, Nerven und anfallende Zollgebühren. Eine Auswahl finden Sie in unseren Listen:
- Smartphones bis 150 Euro
- Smartwatches
- Drohnen & Multicopter
2.1. Geschenksendungen und Plagiate beim Zoll
Bei jedem Kauf aus einem Nicht-EU-Staat sollten Sie eines im Hinterkopf behalten: Die Händler tun vieles, damit Sie das Gefühl haben, ein Schnäppchen zu ergattern. So werden scheinbare Markenprodukte deutlich günstiger angeboten als vom originalen Hersteller. Oder die Ware soll als Geschenksendung verschickt werden, damit Sie keinen Zoll bezahlen müssen. Doch auch hier sollten Sie aufpassen: Hört sich ein Service oder ein Preis für Sie zu gut an, sollten Sie den Kauf noch einmal überdenken. Welche Tücken hinter den genannten Angeboten stecken, erfahren Sie in den nachstehenden Punkten.
Pakete von Unternehmen gelten nicht als Geschenksendungen
Bei Geschenksendungen gilt: Der Empfänger darf keiner Zahlungspflicht für den Inhalt unterliegen und die Sendung darf nur zwischen Privatleuten verschickt werden. Rechtlich gesehen darf der Händler seine Sendung nicht als Geschenksendung verschicken. Wird die Ware dennoch als Geschenksendung deklariert, sollten Sie beachten, dass der Zoll selbst solche Sendungen stichprobenartig kontrolliert. Es könnten Nachzahlungen auf Sie zukommen. Zusätzlich fallen auch bei Geschenksendungen Steuerabgaben an, sobald sich der Warenwert auf über 45 Euro beläuft. Kosten und Aufwand bleiben letztendlich also auch bei dieser Versandart an Ihnen hängen.
Fake-Produkte: Wenn geschenkt noch zu teuer ist
Apples AirPods bieten eine gute Qualität und einen angenehmen Klang - leider ist auch der Preis dementsprechend hoch angesetzt. In Online-Shops aus Nicht-EU-Staaten finden sich scheinbare Originalprodukte zu einem geringeren Preis.
Selbst wenn der Preis lockt, sollten Sie vorsichtig sein: Solche Plagiate fallen nicht nur durch ihren sehr günstigen Preis, sondern auch durch ihre minderwertige Qualität auf. Innerhalb der Testreihe der europäischen Verbraucherorganisationen, die von der Stiftung Warentest zusammengefasst wurde, fällt beispielsweise eine Spieluhr für Kinder ins Auge. Der Kostenpunkt für das Plagiat lag ca. 20 Euro unter dem des Originals - das Batteriefach war nicht ausreichend gesichert. Die leicht herausnehmbaren Batterien stellen eine Verschluckungsgefahr für Kinder dar. Ebenfalls besorgniserregend ist ein bestellter Rauchmelder, der trotz Rauch keinen Laut von sich gibt.
Abgesehen von gesundheitsgefährdenden Aspekten zieht der Zoll entdeckte Fake-Produkte aus dem Verkehr und vernichtet diese in den meisten Fällen. Beachten sollten Sie, dass hierbei zusätzlich die Hersteller des Originals kontaktiert werden. Es besteht somit immer die Möglichkeit, dass der Hersteller des Originals Sie abmahnt. Und schließlich: Ob Sie Ihr Geld vom Händler wiedererhalten, ist aufgrund der schwierigen Rechtslage zudem fragwürdig.
Lesetipp: Alternative statt Fake
Für ein ähnliches Design und einen niedrigeren Preis muss nicht gleich der Griff zu den Plagiaten gehen. Viele Markenhersteller orientieren sich bereits an Apples Design-Vorlage und entwickeln gute AirPods-Alternativen. Was die In-Ear-Kopfhörer können und was es zu beachten gilt, haben wir Ihnen in unserem Artikel rund um AirPod-Alternativen zusammen gestellt.
Gute Produkte entdecken Sie in unseren Produktlisten:
3. Garantien: Das sollten Sie wissen
Beim Online-Shoppen innerhalb der EU sind die Interessen des Kunden durch den Verbraucherschutz gut gesichert. Dazu zählt beispielsweise das Recht des Käufers, seine Ware innerhalb von 14 Tagen ohne Begründung zurückzugeben (Widerrufsrecht) oder bei defekter Ware einen Ersatz zu verlangen. Das Durchsetzen dieser Rechte bei Händlern aus dem Nicht-EU-Ausland ist hingegen schwieriger, denn oft ist gar nicht so sicher, welches Kundenschutzgesetz Anwendung findet – das europäische oder das des Landes, aus dem der Händler stammt.
Die traurige Realität ist: Im Streitfall würden Sie wahrscheinlich den Kürzeren ziehen. Doch auch wenn ein Anbieter eine Rückgabe ermöglicht, gelingt dies zu meist nicht so einfach wie bei europäischen Händlern. Beim asiatischen Online-Shop AliExpress muss der Kunde zunächst eine Klärung mit dem Händler suchen. Kommt diese nicht zustande und ist das Produkt mangelhaft, kann der Nutzer einen sogenannten Streitfall einleiten. Dies muss im Zeitraum von 15 Tagen nach der Lieferung geschehen. Beachten Sie: Der Austausch wird hier auf Englisch geführt. Und selbst wenn Ihnen das Geld zurückerstattet wird, erhalten Sie nicht alle ausgegebenen Kosten wieder: Etwaige Steuern oder anfallende Zollgebühren tragen weiterhin Sie. Zusätzlich müssen Sie in einigen Fällen damit rechnen, dass Sie die Kosten der Rücksendungen selbst übernehmen müssen. Die Kulanz von europäischen Händlern sollten Sie daher nicht von vornherein erwarten.
Lesetipp: On- vs. Offline-Shoppen
Sie wollen mehr über Ihre Rechte beim Online-Shopping innerhalb der EU erfahren? In unserem Artikel zu den rechtlichen Unterschieden zwischen On- und Offline-Shopping erfahren Sie mehr.
Wie bereits anhand des Beispiels AliExpress gezeigt, bieten einige Online-Shops aus dem Nicht-EU-Ausland zumindest geringe Absicherungen für den Kunden. Hier lohnt es sich als Nutzer zuerst zu überprüfen, auf welche Garantien Sie sich berufen können, sollte die Ware Ihnen nicht zusagen. Interessant zu wissen: Nicht nur ausländische Online-Shops, auch Marktplätze wie Amazon und eBay bieten Garantien für Ihre Kunden an, wenn diese Ihre Produkte über Drittanbieter kaufen. Einige dieser Garantien haben wir in der folgenden Liste zusammengefasst:
Shopping-Portal / Marktplatz | Mögliche Garantieangebote | Weiteres |
---|---|---|
Amazon | A-bis-Z-Garantie
A-bis-Z-Garantie greift, wenn:
| Garantie greift nur, wenn:
|
eBay | eBay-Käuferschutz / Geld-zurück-Garantie Bei Produktproblemen wie: nicht zugestellt, kaputt, etc.
| Greift nur bei Zahlungen mit:
|
Gearbest | Dead on Arrival (30 Tage) Dead on Arrival (Lieferung von beschädigter Ware)
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AliExpress | Geld-Zurück-Garantie
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Entscheidend ist der Bezahlweg
Wie Sie sehen, greifen einige Garantien nur bei bestimmten Zahlwegen. Das Gute: Einige dieser Dienstleister unterstützen nicht nur die Garantiebedingungen anderer Anbieter, sondern stellen Ihnen eigene zur Verfügung. Ein Beispiel bietet der Käuferschutz von PayPal, bei dem Sie Ihr Geld direkt zurückverlangen können, wenn der Händler nicht auf Ihre Kontaktversuche reagiert. Für eine gewisse Absicherung lohnt es sich daher, vorab herauszufinden, welche Garantien Ihnen Anbieter und Zahlungsart bieten.
4. Online-Shopping nach dem Brexit: Was muss der Kunde beachten
Eine besondere Stellung nimmt seit dem Brexit Großbritannien beim Online-Shopping ein, das seit 2021 nicht mehr zur europäischen Zollunion gehört.
Allgemein gilt: Durch den Ausstieg wird Großbritannien als Drittland behandelt. Bestellen Sie online Ware von der Insel, müssen Sie mit Einfuhrabgaben rechnen - zusätzlich kommen Abgaben für Retouren auf Sie zu. Auch rechtlich sollten Sie sich auf einige Neuerungen einstellen: Theoretisch gelten die EU-Verbraucherschutzrechte auch für jene Händler, die Produkte innerhalb Deutschlands vertreiben. Ist der Online-Shop allerdings nicht direkt an deutsche Käufer gerichtet - beispielsweise durch eine deutschsprachige Seite - dann entfällt Ihr Verbraucherschutz. Auch ist es fraglich, ob Sie im Streitfall recht bekommen, da nicht sicher ist, ob nach EU- oder Landesrecht des Händlers bewertet wird.
Das Gute: Zur Zeit arbeitet Großbritannien noch mit dem europäisch festgelegtem Recht. Durch den Austritt ist dem Land aber eine eigenständige Regelung erlaubt, sodass Sie sich auf Veränderungen im Rechtssystem einstellen sollten. Letztendlich sollten Sie bei jeder Bestellung außerhalb der EU die Risiken und den Nutzen im Blick behalten und gegeneinander abwägen. Erscheint ein Preis zu gut, fehlen wichtige Angaben oder überschreitet der Warenwert Zollgrenzen, sollten Sie sich den Kauf gut überlegen. Entscheiden Sie sich für einen Kauf, empfehlen wir Ihnen, die Garantiebedingungen gut durchzulesen. Oft werden zusätzliche Bedingungen genannt, die es Ihnen erschweren, Ihr Recht durchzusetzen.
Lesetipp: Click und Collect
Mit dem Service Click und Collect unterstützen Sie nicht nur lokale Händler: Durch das Angebot können Sie sich direkt beim Verkäufer über das Produkt informieren und Fragen abklären. Welche Vor- und Nachteil der Online-Service hat, erfahren Sie in unserem Click-&-Collect-Artikel.