Zwei Kaffeekapseln auf hellem Hintergrund

Kompostierbare Kaffeekapseln: Nachhaltigkeit oder Greenwashing?

Kaffeekapseln sind bekanntermaßen alles andere als umweltfreundlich. Da klingen Alternativen aus Bioplastik oder abbaubarem Kunststoff sehr verlockend. Doch wie nachhaltig sind die vermeintlich ökologischen Varianten wirklich? Und gibt es tatsächlich DIE grüne Lösung für Kapselkaffee?

Aluminiumkapseln: bitte nur mit Grünem Punkt!

Zwei Hände halten zerdrückte Kaffeekapseln (Bildquelle: Gruener-Punkt.de)

Wegwerfkapseln aus Aluminium landen nach dem Gebrauch aus Unwissenheit oft im Restmüll und damit in der Müllverbrennung. Da sie zu den sogenannten Getränkesystemkapseln gehören, müssen sie nach dem Verpackungsgesetz rechtlich auch als Restmüll betrachtet werden. Aluminium enthält allerdings wertvolle Rohstoffe, die durch Recycling in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden können. Die korrekte Entsorgung lohnt sich also. Doch wie sieht diese aus?

Hat der Hersteller dafür bezahlt, dass seine Produkte in das duale System dürfen, gehört die Kapsel in die Gelbe Tonne oder den Gelben Sack. Zu erkennen ist das am Grünen Punkt. Ist das nicht der Fall, kommt sie in den Restmüll. Leider ist der Hinweis auf die korrekte Entsorgung nicht immer direkt erkennbar auf der Verpackung.

 

 

Übrigens müssen Sie den Kaffeesatz vor dem Entsorgen nicht zwingend entfernen. Allerdings lässt er sich prima als Dünger, Peeling oder Schneckenschutzmittel weiterverwenden.

Öko-Test: Recycling-Tipps für Kaffee

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Welche Kaffeekapsel-Hersteller am dualen System teilnehmen, können Sie auf der Webseite des Grünen Punkts nachlesen.

Wissenswertes zur Entsorgung auch anderer Materialien, zum Beispiel Elektroschrott, finden Sie hier.

Biokunststoff – ein grünes Märchen?

Drei Kaffeekapseln aus Biokunststoff mit Kaffeetasse im Hintergrund (Bildquelle: Deutsche Umwelthilfe duh.de)

Bioplastik als alternatives Verpackungs­material scheint die Lösung zu sein, um dem Kapselwahnsinn Einhalt zu gebieten. Aber wussten Sie, dass sowohl biologisch abbaubare als auch biobasierte Kunststoffe als „Bioplastik“ bezeichnet werden? Ihre Eigenschaften sind jedoch nicht identisch, was Folgen für die weitere Verwertung hat.

Was sind biobasierte Kunststoffe?

Der Begriff „biobasiert“ beschreibt Kunststoffe, die auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Das klingt nachhaltig, ist es aber nur bedingt. Um sich mit dieser Eigenschaft zu schmücken, reicht es, wenn sie nur teilweise aus Biomasse, zum Beispiel Mais und Zuckerrohr, bestehen.

Daneben dürfen sie auch fossile Anteile, manches Mal sogar mehrheitlich, aufweisen. Verpackungen aus biobasiertem Plastik, die Sie für das gute Gewissen kaufen, müssen also nicht zwingend biologisch abbaubar sein. Daneben gibt es biologisch abbaubare Kunststoffe, die nicht biobasiert sind.

Was sind bioabbaubare Kunststoffe?

Bioabbaubare Kunststoffe wiederum bestehen aus biologisch abbaubaren Polymeren: chemischen Verbindungen, die sich bei der Kompostierung durch biologische Mechanismen wie Mikroorganismen und Enzymen in Wasser, Kohlendioxid und Biomasse zersetzen.

Aber Achtung: Bei der Eigenkompostierung werden Kunststoffkaffeekapseln, biobasiertes Einweggeschirr oder die dünnen Einkaufstüten für Obst und Gemüse, die das Label 100 Prozent kompostierbar tragen, nicht immer vollständig abgebaut. Die Verrottung kann Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern. Sie würden Ihren Kompost also auf sehr lange Zeit mit Resten von Plastik verunreinigen.

Vollständig kompostierbare Kapseln - Greenwashing der Hersteller

durchgestrichene Biomülltonne auf grünem Hintergrund mit Schriftzug (Bildquelle: Deutsche Umwelthilfe duh.de)

Der Verwertungskreislauf für häuslichen Biomüll sieht die Entsorgung zunächst in der Biotonne vor. Von dort findet er seinen Weg weiter in eine industrielle Kompostieranlage, wo er sich laut dualem System unter bestimmten Bedingungen und innerhalb einer gewissen Zeit zu mindestens 90 Prozent zersetzen muss. Dann gilt er als vollständig kompostiert. Diese Voraussetzungen treffen zwar auf organischen Müll wie Kaffeesatz zu, nicht aber auf Biokunststoff. Dennoch werben Kapselmaschinen-Hersteller wie Beanarella oder Lavazza auf ihren Verpackungen in großen Lettern mit „zu 100 Prozent kompostierbar“ oder „voll verwertbar“. Vor dem Hintergrund der europäischen Norm EN 14332 sind diese Aussagen gesetzlich zwar nicht falsch, in der Realität aber so gut wie nicht umzusetzen.

Wann gilt eine Verpackung als vollständig kompostierbar?

Wenn sie alle folgenden Kriterien der Norm EN 13432 (für alle EU-Mitgliedsstaaten) bzw. DIN 13423 (für Deutschland) erfüllt:

  • Offenlegen: Welche Inhaltsstoffe lassen sich ermitteln und sind die Grenzwerte für Schwermetalle eingehalten?
  • Nachweisen: Sind mindestens 90 Prozent des organischen Materials nach sechs Monaten in einer wässrigen Umgebung in CO₂ umgewandelt?
  • Prüfen: Gibt es weniger als 10 Prozent Rückstände in Bezug auf die Originalmasse nach drei Monaten Kompostierung und anschließendem feinen Sieben?
  • Praxistest: Wirkt sich die Kompostierung negativ auf den gesamten Kompostierungsprozess aus oder nicht?
  • Agronomietest: Welchen Effekt hat der aus der Verpackung entstehende Kompost auf das Pflanzenwachstum?
  • Ökotoxizitätstest: Enthält der Kompost nach der Kompostierung eventuell Giftstoffe?

Die Erfahrungen eines Testberichte.de-Lesers bekräftigen diese Fakten. Er habe versucht, Beanarella-Kapseln zwei Jahre lang in einem Komposter für Küchenabfälle des Herstellers Neudorff zu kompostieren – mit dem ernüchternden Ergebnis, dass die Kapseln im Gegensatz zu den übrigen organischen Abfällen vollständig erhalten geblieben seien. Dennoch dürfen sich die Kaffeekapseln „kompostierbar“ nennen.

Kaffeekapseln Nutzerbild 1 Bilder eines Nutzers von Beanarella-Kaffeekapseln, die laut Hersteller kompostierbar seien, nach ...

Kaffeekapseln Nutzerbild 2 ... Aussage des Nutzers aber zwei Jahre wie auf den Bildern gelagert waren und nicht abgebaut wurden. (Bildquellen: Günter Trummlitz)

Der biologisch abbaubare Kunststoff hat weder für die Kompostierung noch für den Kompost irgendeinen Nutzen. Er leistet keinen signifikanten Beitrag zum Substrataufbau oder zur Bereitstellung von Nährstoffen. Tatsächlich stört er den Prozess und kann nicht abgebaute Plastik-Schnipsel hinterlassen. Diese beeinträchtigen die Qualität des Komposts und gelangen auf diesem Weg in die Umwelt, wo sie negative Auswirkungen haben können. (Bertram Kehres, Geschäftsführer der Bundesgütegemeinschaft Kompost)

Ökologische Alternativen für sauberen Kaffeegenuss

Hand mit Kaffeeball von Pflanzen umgeben (Bildquelle: coffeeb.com)

Greifen Sie zu wiederbefüllbaren Mehrwegkapseln, wenn Sie auf Ihren Kapselkaffee nicht verzichten möchten. Diese gibt es von verschiedenen Herstellern, unter anderem für Nespresso-Maschinen. Den Kaffeesatz können Sie guten Gewissens im Biomüll oder auf Ihrem Komposthaufen entsorgen.

Mit CoffeeB kam 2022 ein System auf den Markt, das den Verbraucher:innen „alle Vorteile eines Kapselsystems, aber ohne Kapseln“ versprach. Wie das geht? Der Kaffee wird nach dem Mahlprozess zu einem Ball gepresst und mit einer biologischen Schutzschicht umhüllt, die den Kaffeeball in Form hält und zusätzlich das Aroma bewahrt. Das macht die Aufbewahrung des Pulvers in einer Kapsel komplett überflüssig. Nach dem Brühvorgang können Sie den Kaffee dann entweder über den Biomüll entsorgen oder aber als Dünger verwenden.

Die CoffeeB-Maschine im Test

Eine fast abfallfreie Zubereitung von Kaffee gelingt Ihnen auch mit Filter-Kaffeemaschinen mit Dauerfilter, Kaffeevollautomaten, Siebträgermaschinen und klassischen Espresso- oder French-Press-Kannen – am besten mit Fair-Trade-Kaffee, der einem ganzheitlichen Konzept entspringt. Mit dem Kauf unterstützen Sie die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Kaffee-Kleinbauernfamilien – und sparen dabei selbst noch Geld, da Kaffee in Kapseln um ein Vielfaches teurer ist als Kaffee aus Großpackungen.

Fazit

So begrüßenswert die Suche nach neuen innovativen Materialien und Produkten angesichts endlicher fossiler Ressourcen und immer größer werdender Probleme mit Plastikmüll auch ist, dürfen wir darauf nicht als Allheilmittel vertrauen.

Michael Jedelhauser, Referent für Kreislaufwirtschaft, Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU), fasst die aktuelle Situation knapp zusammen (Quelle: https://blogs.nabu.de/umweltfreundliche-kaffeekapsel). Die Verantwortung für Lösungswege sieht er aber nicht einseitig. Die Aufgabe von Herstellern sollte es sein, Einwegsysteme als solche sehr viel radikaler infrage zu stellen und an der Entwicklung nachhaltiger Alternativen und Mehrwegsysteme mit deutlich mehr Nachdruck mitzuwirken. Wir Verbraucher:innen wiederum sind aufgerufen, unser generelles Konsumverhalten im Hinblick auf Einwegprodukte kritisch zu hinterfragen und zu verändern.

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von Katrin Werner

Fachredakteurin im Ressort Home & Life – bei Testberichte.de seit 2017.

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