Balkonkraftwerk mit mehreren Solarmodulen

Solarstrom vom Balkon: Worauf achten?

Wenn viele Haushalte einen Teil ihres Strombedarfs von der Sonne decken lassen, ist viel gewonnen – das ist die Grundidee hinter Balkonkraftwerken. Diese Mini-PV-Anlagen, im Fachjargon Steckersolargeräte genannt, gibt es sogar beim Discounter. Doch gerade bei den günstigen Angeboten sind viele skeptisch. Wir sprachen mit Frau Radacki vom VDE, dem Verband der Deutschen Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik.

Das Wichtigste in Kürze

  • Steckersolargeräte sind grundsätzlich für jeden Balkon geeignet.
  • Ältere Elektroinstallation fachmännisch prüfen lassen.
  • Netzbetreiber tauschen ältere gegen geeignete Zähler aus.
  • Beim Wechselrichter auf Konformitätserklärung achten (VDE AR-N 4105).
  • 3 Möglichkeiten für die Stromeinspeisung ins Hausnetz: Festanschluss, Energiesteckdose, Schutzkontaktstecker. Letzterer ist nicht VDE-normkonform.
  • Mehrfachsteckdosen sind unzulässig.
  • Die Meldepflicht beim Netzbetreiber wird im Laufe des Jahres 2024 entfallen.
  • Forschungsvorhaben für Steckersolargeräte mit Speicher ist in Arbeit.
Dominika Radacki

Zur Person

Dipl.-Ing. Dominika Radacki ist Projektmanagerin in der Abteilung Energy beim VDE, dem Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik e.V.

Der VDE vereint Wissenschaft, Standardisierung, Prüfung, Zertifizierung und Anwendungsberatung unter einem Dach. Auf der DKE-Webseite informiert der Verband regelmäßig über Neuigkeiten zu Steckersolargeräten.

Testberichte.de: Guten Tag, Frau Radacki. Die wohl drängendsten Fragen für Verbraucher:innen ist ja: Funktioniert so ein Stecker-Solargerät auf jedem Balkon?

Frau Radacki: Grundsätzlich können Steckersolargeräte auf jedem Balkon angebracht werden. Zu beachten ist hier die Ausrichtung zur Sonne. Auf einem Nordbalkon würde das wenig Sinn ergeben, optimal wäre die Ausrichtung nach Süden und ein Neigungswinkel von 30 bis 35 Grad. Weiterhin müssen auch baurechtliche Vorschriften wie z. B. beim Denkmalschutz oder öffentlichen Gehwegen beachtet werden.

Testberichte.de: Und was ist, wenn meine Elektroinstallation in die Jahre gekommen ist? Kommen dann zu den Anschaffungskosten noch die Kosten für die Elektrofachkraft hinzu?

Frau Radacki: Nach dem Solarpaket 1 der Bundesregierung sollen Zweirichtungszähler oder ein intelligentes Messystem innerhalb von 4 Monaten nach Aufforderung durch die Bundesnetzagentur in Bezug auf die Einrichtung von Steckersolargeräten eingebaut werden. Den Einbau bzw. Austausch übernehmen die Messstellenbetreiber. Eine gesonderte Beauftragung durch den Anschlussnehmer oder -nutzer entfällt.

Smart Meter und Zweirichtungszähler Intelligentes Messystem, auch Smart Meter genannt (links), und ein Zweirichtungszähler. (Bildquelle: Testberichte.de)

Testberichte.de: Kann mein Balkonkraftwerk die Leitung überlasten?

Frau Radacki: Der VDE weist neben der Sicherstellung des Sicherheitsstandards auf die Problematik des Leitungsschutzes hin. Die grundsätzliche Lösung hierfür ist die Einspeisung vor der Sicherung, sodass der Leitungsschutz stets den Gesamtstrom bewertet und die Leitungen vor Überlastung schützt. Dies gilt vor allem für Kabel- und Leitungsschutz.

Hierbei kann ein üblicherweise am Anfang eines Stromkreises installierter Leitungsschutzschalter einen zusätzlichen Strom, der in diesen Stromkreis eingespeist wird, nicht erkennen, wenn dieser Strom an Verbraucher abgegeben wird, die an denselben Stromkreis angeschlossen sind. In der Norm HD 60364-5-551 wird dies in Abschnitt 551.7.2, Aufzählung i) beschrieben.

Aus diesem Grund empfiehlt der VDE, grundsätzlich eine Elektrofachkraft die Elektroinstallation prüfen zu lassen, insbesondere dann, wenn zu vermuten ist, dass die Elektroinstallation älter (etwa 1985 oder früher) ist, da dann auch noch eine alte Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) verbaut sein könnte. 

Testberichte.de: Gibt es besondere Anforderungen an die elektrische Verkabelung und den Netzanschluss?

Frau Radacki: Ja, es gibt besondere Anforderungen:

In der europäischen Norm HD 60364-5-551:2010 ist eindeutig beschrieben, unter welchen Bedingungen „ein Parallelbetrieb der Stromerzeugungseinrichtung mit anderen Stromquellen einschließlich eines Stromverteilungsnetzes zulässig ist“. Eine Verbindung „mittels eines Steckers und einer Steckdose mit dem Endstromkreis“ ist ausdrücklich verboten.

Testberichte.de: Kann ich für die Stromeinspeisung eine normale Steckdose verwenden?

Frau Radacki: Der Schutz gegen elektrischen Schlag ist ein wichtiges Thema. Die VDE-AR-E 2100-550 (VDE-AR-E 2100-550) legt fest, dass Steckdosen und Stecker so installiert sein müssen, „dass berührbare Steckerstifte in nicht gestecktem Zustand nicht unter Spannung stehen.“

Ergänzt wird dies durch die Norm DIN EN 61140 (VDE 0140-1): „Gefährliche aktive Teile dürfen nicht berührbar sein und berührbare leitfähige Teile dürfen nicht gefährlich aktiv sein [...]“. Steckdosen und Stecker müssen demnach so konstruiert sein, dass berührbare Steckerstifte in nicht gestecktem Zustand nicht unter Spannung stehen.

Übersetzt bedeutet dies, dass für den Anschluss eines Steckersolargerätes derzeit entweder eine spezielle Energiesteckdose oder ein Festanschluss erforderlich ist. Die Vornorm DIN VDE V 0628-1 (VDE V 0628-1) beschreibt konkrete Anforderungen an eine solche Energiesteckdose. Typische Haushaltssteckdosen, also Schutzkontaktstecker, sind für den Anschluss – laut der aktuellen Norm – in Deutschland nicht zulässig.

Anschlussmöglichkeiten für Balkonkraftwerke Nach derzeit gültigen VDE-Sicherheitsregeln bestehen für die Stromeinspeisung ins Hausnetz zwei Möglichkeiten: ein Festanschluss (links im Bild) oder eine Energiesteckdose (rechts im Bild), auch „Wielandstecker“ genannt. Eine Stromeinspeisung mittels Schuko-Stecker (Anschluss in der Mitte im Bild) ist nach den derzeit gültigen VDE-Sicherheitsregeln nicht zulässig. (Bild: Testberichte.de)

Zu keiner Zeit – weder im fehlerfreien Betrieb noch im Einzelfehlerfall – darf eine gefährliche Berührungsspannung an den Steckerstiften anliegen.

Zum Hintergrund

Toaster, Staubsauger oder Föhn – all diese Haushaltsgeräte verfügen über einen Netzstecker. Von den beiden blanken Steckerstiften geht keine Gefahr aus, denn keines dieser elektrischen Geräte liefert Strom, sondern benötigt diesen zum Betrieb. Anders sieht es jedoch beim Netzstecker eines Steckersolargerätes aus: Letzteres erzeugt Strom und speist ihn über den Netzstecker in den Endstromkreis ein.

Typische Haushaltssteckdosen, also Schutzkontaktstecker, sind für den Anschluss – laut der aktuellen Norm – in Deutschland nicht zulässig.

Testberichte.de: Was mache ich, wenn ich keine Außensteckdose habe? Kann ich ein Verlängerungskabel für den Netzanschluss verwenden?

Frau Radacki: Eine Anschlussmöglichkeit auf dem Balkon kann durch eine Elektrofachkraft sicher installiert werden. Der VDE warnt vor der Verwendung von Alternativen, die nicht normativ auf elektrische Sicherheit geprüft sind.

Testberichte.de: Sind Mehrfachsteckdosen auch okay?

Frau Radacki: Der Anschluss mehrerer Steckersolargeräte über eine Mehrfachsteckdose ist nicht zulässig. Mögliche Verlängerungsleitungen müssen vom Hersteller angegeben werden und eine Mindestlänge von 5 Metern einhalten.

Testberichte.de: Ein Balkonkraftwerk besteht ja aus mehreren Komponenten, die nicht gemeinsam geprüft und gekennzeichnet wurden. Wie erkenne ich, ob alles den Vorschriften entspricht?

Frau Radacki: Steckersolargeräte bestehen aus mindestens einem PV-Modul, mindestens einem netzgekoppelten Wechselrichter, einer Anschlussleitung, sowie einer Steckvorrichtung zum Anschluss an den Endstromkreis und ggf. mechanischem Montagematerial. Aufgrund ihrer Dimensionierung und Handhabung handelt es sich um stromerzeugende Haushaltsgeräte. Deshalb bedarf es eines standardisierten Prüfverfahrens für diese Steckersolargeräte.

Aus diesem Grund wird die Vornorm DIN VDE 0126-95 erarbeitet, die als Grundlage für eine Prüfung und die darauf basierende Konformitätserklärung des Herstellers dienen soll. Die Vornorm legt die technischen Eigenschaften des Produkts sowie die Sicherheitsanforderungen und Prüfungen für diesen Anwendungsbereich fest.

Balkonkraftwerk Komplettset Ein typisches „Einsteiger-Set“ mit zwei Solarmodulen, Wechselrichter, Einspeisestecker und einem Verbindungskabel zwischen PV-Modul zum Wechselrichter und vom Wechselrichter zur Steckdose. (Bildquelle: amazon.de)

Testberichte.de: Trifft es zu, dass der VDE eine Prüfvorschrift entwickelt hat, nach der Balkonkraftwerke als Gesamtsystem geprüft und zertifiziert werden können?

Frau Radacki: Ja, das VDE-Prüfinstitut hat auf Basis der soeben erwähnten Vornorm sowie den aktuellen gesetzlichen Anforderungen und den geltenden Vorschriften eine neue Prüfgrundlage entwickelt. Sie umfasst das Steckersolargerät inklusive der einzelnen Komponenten wie PV-Module, Kabel und Stecker, Wechselrichter, Netzanschluss und Montagesystem. Damit können Hersteller erstmals Steckersolargeräte als Gesamtsystem beim VDE-Prüfinstitut prüfen und zertifizieren lassen und nicht nur die einzelnen Komponenten.

Testberichte.de: Die Bürokratie macht es uns derzeit noch schwer: Jedes Balkonkraftwerk muss beim Netzbetreiber angemeldet und bei der Bundesnetzagentur registriert werden. Zeichnen sich hier Lockerungen ab?

Frau Radacki: Das Thema der Anmeldung von Steckersolargeräten wird voraussichtlich ab Januar 2024 stark vereinfacht sein. Eine Anmeldung über das Marktstammdatenregister wird verpflichtend sein, die Netzbetreibermeldung entfällt.

Testberichte.de: Gibt es bestimmte Wartungsanforderungen für Balkonkraftwerke?

Frau Radacki: Ob Wartungsanforderungen für das Steckersolargerät bestehen, ist herstellerabhängig. Die mit dem Produkt gelieferte Bedienungsanleitung muss entsprechend die Informationen enthalten, die für den sicheren Aufbau, Betrieb und, soweit zutreffend, auch für die Wartung des Produktes notwendig sind. Die Verbraucher:innen sollten sich an die dort beschriebenen Angaben für eine optimal betriebenes Steckersolargerät halten.

Testberichte.de: Es ist bekannt, dass Wechselrichter Probleme verursachen können. Was muss ich tun, wenn das mitgelieferte Modell – z. B. aus chinesischer Produktion – nicht mehr funktioniert?

Frau Radacki: In der Vornorm DIN VDE 0126-95 ist aufgelistet, welche Normen die Wechselrichter erfüllen müssen. In Deutschland gelten besondere Anforderungen für Wechselrichter nach der VDE AR-N 4105 (Produktzertifikat des Wechselrichters zur Konformität). Diese VDE-Anwendungsregel ist für Erzeugungsanlagen und Speicher anzuwenden, die neu an das Niederspannungsnetz angeschlossen werden, sowie bei einer Erweiterung oder Änderung bestehender Anlagen.

Falls ein Gerät nicht mehr funktioniert, müssen Sie den Hersteller kontaktieren und mit ihm die weiteren Schritte abklären. An dem Gerät selbst dürfen Verbraucher:innen grundsätzlich keine Änderungen oder Reparaturen vornehmen.

Testberichte.de: Bei einigen Balkonkraftwerken fehlte ein vorgeschriebener Sicherheitsschalter. Ohne diesen ist der Betrieb nicht zulässig. Sind Fälle bekannt, in denen ein Gerät aus Sicherheitsgründen vom Netz genommen werden musste?

Frau Radacki: Sie sprechen hier von dem NA-Schutz, dem sogenannten Netz- und Anlagenschutz gemäß VDE-AR-N-4105. Es handelt sich hierbei um eine „typgeprüfte Schutzeinrichtung mit Konformitätsnachweis“, welche ständig Spannung und Frequenz des Versorgungsnetzes auf Einhaltung der vorgegebenen Toleranzen überwacht. In der Wechselrichternorm DIN EN 62109 werden Anforderungen in Zusammenhang mit dem erwähnten NA-Schutz beschrieben. Dadurch wird ein geordneter Betrieb am Netz ermöglicht, der im Fehlerfall vor einem gefährlichen Stromschlag schützt und für ein schnelles Abschalten der Anlage sorgt. Für Deutschland ist der NA-Schutz nach der VDE-AR-N-4105 verpflichtend vorgeschrieben.

Bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Anforderungen liegt es bei den Marktüberwachungen, diese Geräte vom Markt zu nehmen und Lösungen anzubieten.

Testberichte.de: Gibt es Entwicklungen oder Trends im Bereich der Balkonkraftwerke, auf die sich Verbraucher:innen schon jetzt freuen können?

Frau Radacki: Erste Forschungsvorhaben beschäftigen sich mit der Thematik von Steckersolargeräten mit Speichern, dies wird für die Normung in Zukunft ein weiteres Thema sein.

Als allererster Schritt ist es nun aber wichtig, eine Transparenz und Aufklärungsarbeit zu schaffen, um die Endkunden über die geltenden Regeln und Vorschriften zu informieren und somit mögliche Gefährdungen zu minimieren.


Leichter zum Balkonkraftwerk

Am 26. April 2024 haben Bundestag und Bundesrat nun das sogenannte Solarpaket verabschiedet. Die Neuerungen umfassen:

  • Für die Anmeldung benötigen Sie nur noch 5 statt bisher 20 Angaben. Sie müssen Ihr Balkonkraftwerk nicht mehr beim Netzbetreiber anmelden, eine Registrierung beim Marktstammdatenregister reicht aus.
  • Ein neuer Stromzähler ist keine Voraussetzung mehr. Das bedeutet, dass bisherige Stromzähler weiterhin verwendet werden dürfen – auch, wenn sie zunächst rückwärtslaufen.
  • Das Solarpaket I unterstützt nun auch Mieterstrom von Nebengebäuden, was die Energiegemeinschaften in Mehrfamilienhäusern verbessert.
  • Wer Wohnungen vermietet, kann nun einfacher eine PV-Anlage aufs Dach setzen und den Strom an die Mietparteien verkaufen.

von Sonja Leibinger

Fachredakteurin im Ressort Home & Life – bei Testberichte.de seit 2012.

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